Spiritualismus.
1) Kritik des Gegensatzes zwischen Spiritualismus und Materialismus.
Der Realismus (vergl. Idealismus) führt notwendig zum Materialismus. Denn liefert die empirische Anschauung die Dinge an sich, wie sie unabhängig von unserm Erkennen da sind; so liefert auch die Erfahrung die Ordnung der Dinge an sich, d. h. die wahre und alleinige Weltordnung. Dieser Weg aber führt zu der Annahme, dass es nur ein Ding an sich gebe, die Materie, deren Modifikation alles Übrige sei; da hier der Naturlauf die absolute und alleinige Weltordnung ist. Um diesen Konsequenzen auszuweichen, wurde, so lange der Realismus in unangefochtener Geltung war, der Spiritualismus aufgestellt, also die Annahme einer zweiten Substanz, außer und neben der Materie, einer immateriellen Substanz. Dieser von Erfahrung, Beweisen und Begreiflichkeit gleich sehr verlassene Dualismus und Spiritualismus wurde von Spinoza geleugnet und von Kant als falsch nachgewiesen, der den Idealismus in seine Rechte einsetzte, durch welchen sowohl der Materialismus, als der gegen ihn ersonnene Spiritualismus, da sie Beide realistisch sind, gestürzt wird. (W. II, 15 fg.)
Geht man vom Realismus aus, also von der Voraussetzung
dass wir die Dinge so erkennen, wie sie an sich sind, so erstehen alsbald
Spiritualismus und Materialismus, um einander zu bekämpfen;
wobei aber zuletzt der Materialismus im Vorteil bleibt,
weil er viel solidere empirische Data hat, als sein Gegner. — Hingegen
kommen Beide nicht zum Wort gegenüber dem transzendentalen
Idealismus; denn nach diesem gibt es weder Geist, noch Materie
an sich selbst; sondern jeder Erscheinung, der Intellektuellen, wie der
mechanischen, liegt ein von ihr toto genere verschiedenes Ding an sich
selbst zum Grunde. (H. 329. Vergl. auch unter Geist: Der Gegensatz
zwischen Geist und Materie.)
Sonach ist das wahre Rettungsmittel gegen den Materialismus
nicht der Spiritualismus, sondern der Idealismus. (Vergl. unter
Materialismus: Das falsche und das wahre Rettungsmittel gegen
den Materialismus.)