Idealismus.
1) Die idealistische Grundansicht im Gegensatz zur realistischen.
Die Grundansicht des Idealismus ist diese, dass Alles, was für die Erkenntnis da ist, also die ganze anschauliche, in Raum und Zeit sich ausbreitende und nach dem Satz vom Grunde verknüpfte Welt, nur Objekt in Beziehung auf das Subjekt ist, Anschauung des Anschauenden, Vorstellung, dass folglich ihr Dasein kein absolutes, unbedingtes, sondern nur ein relatives, bedingtes, kurz, dass sie nicht Ding an sich, sondern bloß Erscheinung sei. Der Idealismus hat, nachdem man Jahrtausende lang die angeschaute Welt für real, d. h. für unabhängig vom vorstellenden Subjekt dastehend gehalten, zum Bewusstsein gebracht, dass, so unermesslich und massiv sie auch sein mag, ihr Dasein dennoch an einem einzigen Fädchen hängt; dieses ist das jedesmalige Bewusstsein, in welchem sie dasteht. Diese Bedingung, mit welcher das Dasein der Welt unwiderruflich behaftet ist, drückt ihr, trotz der empirischen Realität, den Stempel der Idealität und somit der bloßen Erscheinung auf, wodurch sie gewissermaßen dem Traum verwandt ist. (W. I, 3 ff.; II, 3 ff. G. 32. W. I, 514 fg. P. I, 14. 90 ff.; II, 39. M. 284 fg. 759 fg. H. 329 fg.)
Der Realismus, der sich dem rohen Verstande dadurch empfiehlt,
dass er sich das Ansehen gibt, tatsächlich zu sein, geht gerade von
einer willkürlichen Annahme aus und ist mithin ein windiges Luftgebäude,
indem er die allererste Tatsache überspringt oder verleugnet,
diese, dass Alles, was wir kennen, innerhalb des Bewusstseins liegt.
(W. II, 5 fg.) Der Realismus übersieht, dass das sogenannte Sein
der den Komplex der realen Außenwelt bildenden Dinge doch durchaus
nichts Anderes ist, als ein Vorgestelltwerden. (G. 32.)
2) Unterschied zwischen dem empirischen und transzendentalen Idealismus.
Es ist Missverstand, zu meinen, der Idealismus leugne die empirische Realität der Außenwelt. Der wahre Idealismus ist nicht der empirische, sondern der transzendentale. Dieser, indem er alles Objekt, also das empirisch Reale, durch das Subjekt zweifach bedingt sein lässt, erstlich materiell, als Objekt überhaupt, zweitens formell, indem die allgemeinen Grundformen der objektiven Welt (Raum, Zeit und Kausalität) dem Subjekt angehören, macht damit der vorliegenden Welt ihre empirische Realität durchaus nicht streitig, sondern besagt nur, dass diese keine unbedingte sei, indem sie unsere Gehirnfunktionen zur Bedingung hat; dass mithin diese empirische Realität selbst nur die Realität einer Erscheinung sei. (W. II, 8 fg. P. I, 90.)
Bei aller transzendentalen Idealität behält die objektive Welt
empirische Realität; das Objekt ist zwar nicht Ding an sich, aber
es ist als empirisches Objekt real. Zwar ist der Raum nur in
meinem Kopfe; aber empirisch ist mein Kopf im Raume. (W. II, 22.)
3) Der absolute Idealismus.
Der absolute, die objektive Welt für ein bloßes Phantom, ein Hirngespinst haltende Idealismus ist der theoretische Egoismus. (W. I, 124. Vergl. unter Egoismus: der theoretische Egoismus.)
Wenngleich keine, aus einer anschauenden Auffassung der Dinge entsprungene
und folgerecht durchgeführte Ansicht der Welt durchaus falsch
sein kann, so ist doch jede nur von einem beschränkten Standpunkte
aus gewonnene und über diesen sich nicht erhebende Ansicht einseitig,
also nur relativ wahr. Dies gilt, wie vom absoluten Materialismus,
so auch vom absoluten Idealismus. (P. II, 13.)