rel='stylesheet' type='text/css'>
Schopenhauers Kosmos

 

 Buddhismus.

1) Der Buddhismus als die vornehmste Religion auf Erden.

Der Buddhismus ist sowohl wegen der überwiegenden Anzahl seiner Bekenner, als wegen seiner inneren Vortrefflichkeit und Wahrheit, als die vornehmste Religion auf Erden zu betrachten. (N. 130 fg. W. II, 186. P. I, 139; II, 241.)

2) Charakter des Buddhismus.

Der Buddhismus ist, so wie streng idealistisch und pessimistisch, auch entschieden und ausdrücklich atheistisch, durch welche letztere Eigenschaft er beweist, dass diejenigen irren, welche Religion und Theismus ohne Weiteres als identisch und synonym nehmen. (G. 125—128. N. 132 ff. P. I, 126, Anmerk. P. II, 40. 324. G. 32)

3) Vorzug des Buddhismus vor dem Brahmanismus.

Der Buddhismus ist frei von jener strengen und übertriebenen Askese, welche im Brahmanismus eine große Rolle spielt, also von der absichtlichen Selbstpeinigung. Er lässt es bei dem Zölibat, der freiwilligen Armut, Demut und Gehorsam der Mönche und Enthaltung von tierischer Nahrung, wie auch von aller Weltlichkeit bewenden. (W. II, 695.)
Die Buddhisten lassen keine Kasten gelten. (W. I, 421.) (Über den Vorzug des Buddhismus vor der indischen Religion in Hinsicht auf die Götterlehre siehe: Inder.)

4) Vorzug des Buddhismus vor dem Christentum.

Ein eigentümlicher Nachteil des Christentums, der besonders seinen Ansprüchen, Weltreligion zu werden, entgegensteht, ist, dass es sich in der Hauptsache um eine einzige individuelle Begebenheit dreht und von dieser das Schicksal der Welt abhängig macht. Eine Religion, die zu ihrem Fundament eine einzelne Begebenheit hat, steht auf sehr schwachem Fundament. Wie weise ist dagegen im Buddhismus die Annahme der tausend Buddhas! damit es sich nicht ausnehme, wie im Christentum, wo Jesus Christus die Welt erlöst hat und außer ihm kein Heil möglich ist. (P. II, 423.) Der christlichen Askese fehlt es an einem eigentlichen, klaren, deutlichen und unmittelbaren Motiv; sie hat kein anderes, als die Nachahmung Christi. (H. 431.)
Die Moral des Christentums steht hinter der des Brahmanismus und Buddhismus darin zurück, dass sie die Tiere nicht berücksichtigt. (E. 241.)

5) Übereinstimmung des Buddhismus mit der Schopenhauerschen Philosophie.

Der Buddhismus hat durch seinen Idealismus, Atheismus und Pessimismus die größte Übereinstimmung mit der Schopenhauerschen Philosophie, — eine Übereinstimmung, bei welcher die letztere nicht unter dem Einfluss des Buddhismus gestanden hat. (W. II, 186. H. 432. P. II, 324.) Auch in einzelnen Lehren lässt sich diese Übereinstimmung nachweisen. So stimmt die Buddhistische Betrachtung der physischen Übel und Katastrophen als Folgen moralischer Fehler und Vergehen ihrer Wahrheit nach mit der Schopenhauerschen Lehre überein, dass die Natur die Objektivation des Willens zum Leben ist und seiner moralischen Beschaffenheit gemäß ausfällt; wie der Wille ist, so ist seine Welt. (H. 430 fg. P. II, 322.) Auch von der Schopenhauerschen Lehre, dass die Natur ihre Erlösung vom Menschen zu erwarten hat, finden sich im Buddhismus manche Ausdrücke. (W. I, 450.) In Hinsicht auf die Fortdauer nach dem Tode gibt es im Buddhismus eine exoterische und esoterische Lehre; erstere ist, wie im Brahmanismus, die Metempsychose, letztere ist eine viel schwerer fassliche Palingenesie, die in großer Übereinstimmung steht mit Schopenhauers Lehre vom metaphysischen Bestand des Willens bei der bloß physischen Beschaffenheit und dieser entsprechenden Vergänglichkeit des Intellekts. (P. II, 293. W. II, 574.) Der Buddhistische Gegensatz von Sansara und Nirwana entspricht dem Schopenhauerschen von der Bejahung und Verneinung des Willens zum Leben. Sansara ist die Welt der steten Wiedergeburten, des Gelüstes und Verlangens, der Sinnestäuschung und wandelbaren Formen, des Geborenwerdens, Alterns, Erkrankens und Sterbens. Nirwana, d. h. Erlöschen, ist die Erlösung von allem diesem und bezeichnet Das, was eintritt nach Verneinung des sündlichen Willens, der das Phänomen dieser Welt hervorbringt, also die Erscheinung des Nichtwollens, im Wesentlichen dasselbe mit dem magnum sakhepat der Vedalehre und dem επεκεινα der Neuplatoniker. (W. II, 581. 640. 696. 698. P. II, 334. W. I, 421.)