Geist.
1) Der Begriff Geist
.
Mit dem Wort Geistwird in der Regel kein deutlicher Begriff verbunden. Denn zur Deutlichkeit eines Begriffes genügt es nicht, dass man ihn in seine Merkmale zerlege, sondern es ist auch erfordert, dass man diese, falls auch sie Abstrakta sind, abermals analysieren könne, und so immerfort, bis man zuletzt zu Anschauungen herabgelangt, welche allen jenen Begriffen Realität erteilen. Nun nehme man den Begriff
Geistund analysiere ihn in seine Merkmale: ein denkendes, wollendes, immaterielles, einfaches, keinen Raum füllendes, unzerstörbares Wesen; so ist dabei doch nichts Deutliches gedacht, weil die Elemente dieser Begriffe sich nicht durch Anschauungen belegen lassen, denn ein denkendes Wesen ohne Gehirn ist wie ein verdauendes Wesen ohne Magen. (W. II, 69 fg.)
Gegen die plumpe Unverschämtheit, mit der die Hegelianer in allen
ihren Schriften ohne Umstände und Einführung ein Langes und Breites
über den sogenannten Geist reden, wäre die geeignete Sprache:
Geist? wer ist denn der Bursche? und woher kennt ihr ihn? ist er nicht etwa bloß eine beliebige und bequeme Hypostase, die ihr nicht ein Mal definiert, geschweige deduziert, oder beweist?u. s. w. (P. I, 185.)
Belustigend ist es, wie Einige, die sich nicht mehr unterstehen, von
der Freiheit des Willens zu reden, statt dessen, um es fein zu machen,
sagen
Freiheit des Geistesund damit durchzuschleichen hoffen, obgleich doch das Wort
Geist, eigentlich ein tropischer Ausdruck, überall die Intellektuellen Fähigkeiten im Gegensatz des Willens bezeichnet, und diese in ihrem Wirken durchaus nicht frei sein, sondern sich zunächst den Regeln der Logik, sodann aber dem jedesmaligen Objekt des Erkennens anpassen sollen. Überhaupt ist dieser
Geist, der in jetziger deutscher Literatur sich überall herumtreibt, ein durchaus verdächtiger Geselle, den man daher, wo er sich betreffen lässt, nach seinem Pass fragen soll. Der mit Feigheit verbundenen Gedankenarmut als Maske zu dienen ist sein häufigstes Gewerbe. Übrigens ist das Wort Geist bekanntlich mit dem Worte Gas verwandt, welches, aus dem Arabischen und der Alchemie stammend, Dunst oder Luft bedeutet, eben wie auch spiritus, πνευμα, animus, verwandt mit ανεμος. (E. 86 fg.)
Der wahre Begriff des Geistes ist der des Ιntellekts als Gehirnfunktion.
(Vergl. Intellekt und Gehirn.)
2) Der Gegensatz zwischen Geist und Materie.
Unter philosophisch rohen Leuten besteht noch der alte, grundfalsche Gegensatz zwischen Geist und Materie, den die Hegelianer unter dem NamenGeist und Naturvon Neuem in Gang gebracht. Unter Voraussetzung dieses falschen Gegensatzes gibt es dann Spiritualisten und Materialisten.
In Wahrheit aber gibt es weder Geist, noch Materie, wohl aber
viel Unsinn und Hirngespinste in der Welt. Das Streben der Schwere
im Steine ist gerade so unerklärlich, wie das Denken im menschlichen
Gehirne, würde also, aus diesem Grunde, auch auf einen Geist im
Steine schließen lassen. Nehmt Ihr im Menschenkopfe, als Deum ex
machina, einen Geist an; so müsst ihr auch jedem Stein einen Geist
zugestehen. Kann hingegen Eure tote und rein passive Materie als
Schwere streben, oder als Elektrizität anziehen, abstoßen und Funken
schlagen; so kann sie auch als Gehirnbrei denken. Kurz, jedem angeblichen
Geist kann man Materie, aber auch jeder Materie Geist
unterlegen; woraus sich ergibt, dass der Gegensatz falsch ist.
Also nicht jene Cartesianische Einteilung aller Dinge in Geist und
Materie ist die philosophisch richtige; sondern die in Wille und
Vorstellung ist es; diese aber geht mit jener keinen Schritt parallel.
Denn sie vergeistigt Alles, indem sie einerseits auch das dort ganz
Reale und Objektive, den Körper, die Materie, in die Vorstellung
verlegt, und andererseits das Wesen an sich einer jeden Erscheinung
auf Willen zurückführt. (P. II, 111 fg. I, 12. 20)