Reflexion.
1) Was durch das Wort Reflexion
bezeichnet wird.
Das Denken im engeren Sinn (s. Denken), also die Beschäftigung
des Intellekts mit Begriffen, ist es, was durch das Wort Reflexionbezeichnet wird, welches, als ein optischer Tropus, zugleich das Abgeleitete und Sekundäre dieser Erkenntnisart ausdrückt. (G. 101.) Treffend und mit ahnungsvoller Richtigkeit hat man die im Menschen allein unter allen Bewohnern der Erde eingetretene, aus der Anschauung Begriffe abstrahierende Erkenntniskraft Reflexion genannt. Denn das neue Bewusstsein, welches damit aufgegangen, ist in der Tat ein Widerschein, ein Abgeleitetes von der anschaulichen Erkenntnis. (W. I, 43.)
2) Wirkungen der Reflexion.
Die Reflexion erteilt dem Menschen jene Besonnenheit, die dem Tiere abgeht. (G. 101 fg. Vergl. Besonnenheit.) Durch den abstrakten Reflex alles Intuitiven im nichtanschaulichen Begriff der Vernunft übertrifft der Mensch die Tiere gleich sehr an Macht und an Leiden. (W. I, 43 fg. Vergl. auch unter Begriff: Wichtigkeit des Begriffs, und unter Mensch: Unterschied zwischen Tier und Mensch.)
Durch die Reflexion wird im Menschen die Empfindung jedes Genuss,
aber auch die jedes Schmerzes gesteigert. Dem Tiere fehlt
mit der Reflexion der Kondensator der Freuden und Leiden, welche
daher sich nicht anhäufen können, wie dies beim Menschen mittelst
Erinnerung und Vorhersehung geschieht. Mittelst der Reflexion und
Dessen, was an ihr hängt, entwickelt sich im Menschen aus den nämlichen
Elementen des Genuss und Leidens, die das Tier mit ihm
gemein hat, eine Steigerung der Empfindung seines Glücks und Unglücks,
die bis zum augenblicklichen, bisweilen sogar tödlichen Entzücken,
oder auch zum verzweifelten Selbstmord führen kann. (P. II, 315 fg.)