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Schopenhauers Kosmos

 

 Gemüt.

1) Gegensatz zwischen Gemüt und Geist.

Der Gegensatz zwischen Gemüt und Geist ist derselbe, wie zwischen Herz und Kopf; es ist also der Gegensatz zwischen Wille und Intellekt, dem Primären und Sekundären. (S. Herz.) Ein Gefühl dieses Verhältnisses ist auch in der lateinischen Sprache ausgedrückt, wo der Intellekt mens, der Wille hingegen animus heißt. Animus ist das belebende Prinzip und zugleich der Wille, das Subjekt der Neigungen, Absichten, Leidenschaften und Affekte; es ist das griechische θυμος, also Gemüt, nicht aber Kopf. Animi perturbatio ist der Affekt, mentis perturbatio würde Verrücktheit bedeuten. (W. II, 268 fg.)

2) Gemütserregung.

(S. Affekt.)

3) Macht der Außenwelt über das Gemüt.

Was der Außenwelt und sichtbaren Realität ihre große Gewalt über das Gemüt erteilt, ist die Nähe und Unmittelbarkeit derselben. Wie die Magnetnadel durch ein kleines ihr recht nahe gebrachtes Stückchen Eisen perturbiert und in heftige Schwankungen versetzt werden kann; so kann bisweilen selbst ein starker Geist durch geringfügige Begebenheiten und Menschen, wenn sie nur in großer Nähe auf ihn einwirken, aus der Fassung gebracht und perturbiert werden. Ein sehr kleines, aber sehr nahe liegendes Motiv kann ein an sich viel stärkeres, jedoch aus der Ferne wirkendes überwiegen. Die Beschaffenheit des Gemütes aber, vermöge deren es diesem Gesetze gemäß sich bestimmen lässt und nicht kraft der praktischen Vernunft sich ihm entzieht, ist es, was die Alten durch animi impotentia bezeichneten, welches eigentlich ratio regendae voluntatis impotens bezeichnet. (W. II, 164.)

4) Tiefen und Dunkelheiten des Gemüts.

Das menschliche Gemüt hat Tiefen, Dunkelheiten und Verwicklungen, welche aufzuhellen und zu entfalten von der äußersten Schwierigkeit ist. (W. I, 476.)

5) Regeln zur Beförderung der Gemütsruhe.

Von Wichtigkeit für die Gemütsruhe ist das richtige Verhältnis, in welchem wir unsere Aufmerksamkeit teils der Gegenwart, teils der Zukunft widmen, damit nicht die eine uns die andere verderbe. Es ist durchaus töricht, die Gegenwart sich zu trüben durch verdrießliche Gesichter über verfehlte Hoffnungen in der Vergangenheit, oder Besorgnisse für die Zukunft. Der Sorge, ja selbst der Reue sei ihre bestimmte Zeit gewidmet. Uns zu beunruhigen sind bloß solche künftige Übel berechtigt, welche gewiss sind und deren Eintrittszeit ebenfalls gewiss ist. Dies werden aber sehr wenige sein; denn die Übel sind entweder bloß möglich, allenfalls wahrscheinlich; oder sie sind zwar gewiss, allein ihre Eintrittszeit ist völlig ungewiss. Lässt man nun auf diese beiden Arten sich ein; so hat man keinen ruhigen Augenblick mehr. Um also nicht der Ruhe unseres Lebens durch ungewisse oder unbestimmte Übel verlustig zu werden, müssen wir uns gewöhnen, jene anzusehen, als kämen sie nie; diese, als kämen sie gewiss nicht sobald. (P. I, 441 fg.)
Von Wichtigkeit für die Gemütsruhe ist ferner die Beschränkung (s. Beschränkung), die Einsamkeit (s. Einsamkeit) und die Zügelung der Phantasie (s. Phantasie).