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Schopenhauers Kosmos

 

 Wissen.

1) Begriff des Wissens überhaupt.

Wissen überhaupt heißt: solche Urteile in der Gewalt seines Geistes zu willkürlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Grund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte (begriffliche) Erkenntnis allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft bedingt, und von den Tieren können wir, weil ihnen die Vernunft fehlt, genau genommen, nicht sagen, dass sie irgend etwas wissen, wiewohl sie anschauliche Erkenntnis haben. Wissen verhält sich zum Anschauen, wie Vernunfterkenntnis zur Verstandeserkenntnis. Wissen ist das abstrakte Bewusstsein, das Fixierthaben in Begriffen der Vernunft des auf andere Weise überhaupt Erkannten. (W. I, 60. 73 fg.)

2) Verhältnis der Wissenschaft zum Wissen.

(S. Wissenschaft.)

3) Gegensatz zwischen Wissen und Fühlen.

(S. Gefühl.)

4) Gegensatz zwischen Wissen und Glauben.

(S. Glaube.)

5) Das aktuelle Wissen im Gegensatze zum potentiellen.

Zufolge des Fragmentarischen des Bewusstseins (vergl. unter Bewusstsein: Das Fragmentarische des Bewusstseins) und der Natur des Gedächtnisses, kein Behältnis, sondern eine bloße Übungsfähigkeit im Hervorbringen von Vorstellungen zu sein (vergl. Gedächtnis) ist das Wissen auch des gelehrtesten Kopfes doch nur virtualiter vorhanden, actualiter hingegen ist auch er auf eine einzige Vorstellung beschränkt und nur dieser einen sich zur Zeit bewusst. Hieraus entsteht ein seltsamer Kontrast zwischen dem, was er potentia und dem, was er actu weiß. Ersteres ist eine unübersehbare, stets etwas chaotische Masse, Letzteres ein einziger deutlicher Gedanke. (W. II, 154.)

6) Unterschied zwischen Qualität und Quantität des Wissens.

Die Qualität des Wissens ist wichtiger, als die Quantität desselben; jene ist eine intensive, diese eine bloß extensive Größe. Jene besteht in der Deutlichkeit und Vollkommenheit der Begriffe, nebst der Reinheit und Richtigkeit der ihnen zum Grunde liegenden anschaulichen Erkenntnisse. (W. II, 154 fg.)

7) Wert des Wissens.

Das Wissen, als in der abstrakten oder Vernunfterkenntnis bestehend, erweitert, da die Vernunft immer nur das anderweitig (durch die Anschauung) Empfangene wieder vor die Erkenntnis bringt, nicht eigentlich unser Erkennen, sondern gibt ihm bloß eine andere Form. (W. I, 63.) Das Wissen, die abstrakte Erkenntnis, hat ihren größten Wert in der Mitteilbarkeit und in der Möglichkeit, fixiert aufbewahrt zu werden; erst hierdurch wird sie für das Praktische so unschätzbar wichtig. (W. I, 66. Vergl. unter Begriff: Wichtigkeit des Begriffs.)