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Schopenhauers Kosmos

 

 Unzerstörbarkeit, unseres Wesens an sich durch den Tod.

1) Verhältnis des Todes zu unserm Wesen an sich.

(S. Tod.)

2) Grundbedingung der Unzerstörbarkeit unseres Wesens an sich durch den Tod.

Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod kann ohne Aseität desselben nicht ernstlich gedacht werden, wie auch schwerlich ohne fundamentale Sonderung des Willens vom Intellekt. (N. 142.) Aseität ist die Bedingung, wie der Zurechnungsfähigkeit, so auch der Unsterblichkeit. (P. I, 137. Vergl. Aseität.) Der Theismus ist daher mit dem Unsterblichkeitsglauben unvereinbar. (Vergl. unter Gott: Gegenbeweise gegen das Dasein Gottes.)

3) Ein Hindernis der Erkenntnis der Unzerstörbarkeit unseres Wesens durch den Tod.

Von der Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod werden wir so lange falsche Begriffe haben, als wir uns nicht entschließen, sie zuvörderst an den Tieren zu studieren, sondern eine aparte Art derselben, unter dem prahlerischen Namen der Unsterblichkeit, uns allein anmaßen. Diese Anmaßung aber und die Beschränktheit der Ansicht, aus der sie hervorgeht, ist es ganz allein, weswegen die meisten Menschen sich so hartnäckig dagegen sträuben, die am Tage liegende Wahrheit anzuerkennen, dass wir, dem Wesentlichen nach und in der Hauptsache, das Selbe sind wie die Tiere; ja, dass sie vor jeder Andeutung unserer Verwandtschaft mit diesen zurückbeben. Diese Verleugnung der Wahrheit aber ist es, welche mehr als alles Andere ihnen den Weg versperrt zur wirklichen Erkenntnis der Unzerstörbarkeit unseres Wesens. (W. II, 549 fg.)

4) Zusammenfallen des Verständnisses der Unzerstörbarkeit unseres Wesens durch den Tod mit dem der Identität des Makrokosmos und Mikrokosmos.

Im Grunde sind wir mit der Welt viel mehr Eins, als wir gewöhnlich denken; ihr inneres Wesen ist unser Wille, ihre Erscheinung ist unsere Vorstellung. Wer dieses Einssein sich zum deutlichen Bewusstsein bringen könnte, dem würde der Unterschied zwischen der Fortdauer der Außenwelt, nachdem er gestorben, und seiner eigenen Fortdauer nach dem Tode verschwinden; Beides würde sich ihm als Eines und Dasselbe darstellen, ja, er würde über den Wahn lachen, der sie trennen könnte. Denn das Verständnis der Unzerstörbarkeit unseres Wesens fällt mit dem der Identität des Makrokosmos und Mikrokosmos zusammen. (W. II, 554.)

5) Die gründlichste Antwort auf die Frage nach der Fortdauer.

Die gründlichste Antwort auf die Frage nach der Fortdauer des Individuums nach dem Tode liegt in Kants großer Lehre von der Idealität der Zeit. Anfangen, Enden und Fortdauern sind Begriffe, welche ihre Bedeutung einzig und allein von der Zeit entlehnen und folglich nur unter Voraussetzung dieser gelten. Allein die Zeit hat kein absolutes Dasein, ist nicht die Art und Weise des Seins an sich der Dinge, sondern bloß die Form unserer Erkenntnis von unserm und aller Dinge Dasein und Wesen, welche eben dadurch sehr unvollkommen und auf bloße Erscheinungen beschränkt ist. In Hinsicht auf diese allein also finden die Begriffe von Aufhören und Fortdauern Anwendung, nicht in Hinsicht auf das in ihnen sich Darstellende, das Wesen an sich der Dinge, auf welches angewandt jene Begriffe daher keinen Sinn mehr haben. (W. II, 562 fg. P. II, 286.)
Da nun dem Wesen an sich des Menschen wegen der demselben anhängenden Elimination der Zeitbegriffe keine Fortdauer beizulegen ist, dasselbe aber doch unzerstörbar ist, so werden wir hier auf den Begriff einer Unzerstörbarkeit, die jedoch keine Fortdauer ist, geleitet. Dieser Begriff nun ist ein solcher, der auf dem Wege der Abstraktion gewonnen, sich auch allenfalls in abstrakto denken lässt, jedoch durch keine Anschauung belegt, mithin nicht eigentlich deutlich werden kann. (W. II, 563. P. II, 286. 296.)