1) Allgemeinheit des Unglücks.
Jedes einzelne Unglück erscheint zwar als eine Ausnahme; aber das
Unglück überhaupt ist die Regel. (
P. II, 312.)
3) Verschiedene Wirkung der Unglücksfälle auf den Vorbereiteten und auf den Unvorbereiteten.
Dass ein Unglücksfall uns weniger schwer zu tragen fällt, wenn
wir zum Voraus ihn als möglich betrachtet und uns darauf gefasst
gemacht haben, mag hauptsächlich daher kommen, dass wenn wir
den Fall vorher als eine bloße Möglichkeit überdenken, wir die Ausdehnung
des Unglücks deutlich übersehen und so es wenigstens als ein
endliches und überschaubares erkennen, in Folge wovon es bei seinem
wirklichen Eintritt doch mit nicht mehr als seiner wahren Schwere
wirken kann. Werden wir hingegen unvorbereitet getroffen, so kann
der erschrockene Geist im ersten Augenblick die Größe des Unglücks
nicht genau ermessen und er stellt es sich daher leicht viel größer dar,
als es wirklich ist. Auf gleiche Art lässt Dunkelheit und Ungewissheit
jede Gefahr größer erscheinen. Dazu kommt noch, dass wir für das
als möglich antizipierte Unglück zugleich auch die Trostgründe und Abhilfen
überdacht, oder wenigstens uns an die Vorstellung desselben gewöhnt haben.
(
P. I, 504.)
4) Was zum gelassenen Ertragen der Unglücksfälle am besten befähigt.
Nichts wird uns zum gelassenen Ertragen der uns treffenden Unglücksfälle
besser befähigen, als die Überzeugung von der Wahrheit,
dass Alles, was geschieht, vom Größten bis zum Kleinsten, notwendig
geschieht. Denn in das unvermeidlich Notwendige weiß der
Mensch sich bald zu finden. (
P. I, 504 fg.
W. I, 361.
E. 61 fg.)
5) Erprobung der Freunde im Unglück.
(S. unter
Freundschaft: Erprobung des Freundes.)
6) Versöhnung des Neides durch das Unglück.
Das beim Umschlag des Glückes mehr, als das Unglück selbst, gefürchtete
Frohlocken der Neider, das Hohngelächter der Schadenfreude,
bleibt meistens aus; der Neid ist versöhnt, er ist mit seiner Ursache
verschwunden, und das jetzt an seine Stelle tretende Mitleid gebiert
die Menschenliebe. Oft haben die Neider und Feinde eines Glücklichen
bei seinem Sturz sich in schonende, tröstende und helfende Freunde
verwandelt. (
E. 237 fg.)
7) Das Ehrfurcht Einflößende großen Unglücks.
(S. unter
Leiden: Läuternde Kraft und Ehrwürdigkeit des
Leidens.)
8) Regel zur Vermeidung des Unglücks.
Um nicht sehr unglücklich zu werden, ist das sicherste Mittel, dass
man nicht verlange sehr glücklich zu sein. Demnach ist es geraten,
seine Ansprüche auf Genuss, Besitz, Rang, Ehre u. s. w. auf ein ganz
Mäßiges herabzusetzen; weil gerade das Streben und Ringen nach
Glück, Glanz und Genuss es ist, was die großen Unglücksfälle herbeizieht.
(
P. I, 434 fg.)