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Schopenhauers Kosmos

 

 Reichtum. Reiche.

1) Wert des Reichtums für das Lebensglück.

Daraus, dass für das Lebensglück Das, was man ist, viel wichtiger ist, als was man hat und was man vorstellt (s. Glückseligkeitslehre), geht hervor, dass es weiser ist, auf Erhaltung seiner Gesundheit und auf Ausbildung seiner Fähigkeiten, als auf Erwerbung von Reichtum hinzuarbeiten; was jedoch nicht dahin missdeutet werden darf, dass man den Erwerb des Nötigen und Angemessenen vernachlässigen sollte. Aber eigentlicher Reichtum, d. h. großer Überfluss, vermag wenig zu unserm Glück; daher viele Reiche sich unglücklich fühlen, weil sie ohne eigentliche Geistesbildung, ohne Kenntnisse und ohne irgend ein objektives Interesse, welches sie zu geistiger Beschäftigung befähigen könnte, sind. Denn was der Reichtum über die Befriedigung der wirklichen und natürlichen Bedürfnisse hinaus noch leisten kann, ist von geringem Einfluss auf unser eigentliches Wohlbehagen; vielmehr wird dieses gestört durch die vielen und unvermeidlichen Sorgen, welche die Erhaltung eines großen Besitzes herbeiführt. (P. I, 339.)

2) Wirkungen des Reichtums.

Wie die Not die Geißel der Armen ist, so die Langeweile die der Reichen. (Vergl. Langeweile.) Die Quelle der heillosen Verschwendung, mittelst welcher so mancher, reich ins Leben tretende Familiensohn sein großes Erbteil in oft unglaublich kurzer Zeit durch bringt, ist wirklich keine andere, als nur die Langeweile. So ein Jüngling war äußerlich reich, aber innerlich arm in die Welt geschickt und strebte nun vergeblich, durch den äußeren Reichtum den inneren zu ersetzen, indem er Alles von außen empfangen wollte, — den Greifen analog, welche sich durch die Ausdünstung junger Mädchen zu stärken suchen. Dadurch führte denn am Ende die innere Armut auch noch die äußere herbei. (P. I, 340.)

3) Die Sucht nach Reichtum.

Unter einem so bedürftigen und aus Bedürfnissen bestehenden Geschlecht, wie das menschliche, ist es nicht zu verwundern, dass Reichtum mehr und aufrichtiger, als alles Andere, geachtet, ja verehrt wird, und selbst die Macht nur als Mittel zum Reichtum; wie auch nicht, dass zum Zwecke des Erwerbs alles Andere bei Seite geschoben, oder über den Haufen geworfen wird. (P. I, 366 fg. Vergl. unter Geld: Ursache der Geldliebe der Menschen.)
Der Reichtum gleicht dem Seewasser; je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man. (P. I, 366.)

4) Warum der im Reichtum Geborene weniger zur Verschwendung geneigt ist, als der reich gewordene Arme.

(S. unter Armut: Die Armut in ethischer Hinsicht.)

5) Die Rechtlichkeit der Reichen.

Der Reiche ist oft wirklich von einer unverbrüchlichen Rechtlichkeit, weil er von ganzem Herzen einer Regel zugetan ist und eine Maxime aufrecht erhält, auf deren Befolgung sein ganzer Besitz mit dem Vielen, was er dadurch vor Anderen voraus hat, beruht; daher er zum Grundsatze suum cuique sich in vollem Ernst bekennt und nicht davon abweicht. Es gibt in der Tat eine solche objektive Anhänglichkeit an Treue und Glauben, mit dem Entschluss, sie heilig zu halten, die bloß darauf beruht, dass Treue und Glauben die Grundlage alles freien Verkehrs unter Menschen, der guten Ordnung und des sicheren Besitzes sind, daher sie uns selbst gar oft zu Gute kommen und in dieser Hinsicht sogar mit Opfern aufrecht gehalten werden müssen, wie man ja an einen guten Acker auch etwas wendet. Doch wird man die so begründete Redlichkeit in der Regel nur bei Wohlhabenden, oder wenigstens einem einträglichen Erwerb obliegenden Leuten finden. Anders hingegen verhält es sich mit dem Armen. (E. 189. Vergl. unter Armut: Die Armut in ethischer Hinsicht.)

6) Zweierlei Gebrauch des Reichtums zum eigenen Wohl.

Unser Leben ist so arm, dass keine Schätze der Welt es reich zu machen im Stande sind; denn die Quellen des Genuss werden alle bald seicht befunden und vergeblich gräbt man nach dem fons perennis. Daher gibt es nur zweierlei Gebrauch des Reichtums zum eigenen Wohl: entweder man verwendet ihn auf Prunk und Pracht, um sich an der feilen Verehrung imaginärer Herrlichkeit, dargebracht von einem betörten Haufen, zu weiden; oder man lässt ihn, durch Vermeidung alles doch vergeblichen Aufwandes, noch immer mehr anwachsen, um eine immer stärkere und vielfachere Schutzwehr gegen das Unglück und den Mangel zu haben, angesehen, dass das Leben so reich an Übeln, als arm an Genüssen ist (H. 446 fg.)