2) Empfindlichkeit als Folge des Hochmuts und
mangelnder Menschenkenntnis.
Wir würden bei Beleidigungen, als welche eigentlich immer in
Äußerungen der Nichtachtung bestehen, viel weniger aus der Fassung
geraten, wenn wir nicht einerseits eine ganz übertriebene Vorstellung
von unserm hohen Wert und Würde, also einen unangemessenen Hochmut
hegten, und andererseits uns deutlich gemacht hätten, was in
der Regel Jeder vom Anderen in seinem Herzen hält und denkt. Welch
ein greller Kontrast ist doch zwischen der Empfindlichkeit der meisten
Leute über die leiseste Andeutung eines sie treffenden Tadels und Dem,
was sie hören würden, wenn sie die Gespräche ihrer Bekannten über
sie belauschten! (
P. I, 492 fg.) Der ritterlichen Empfindlichkeit gegen
Beleidigungen liegt der unmäßigste Hochmut zu Grunde. (
P. I, 403.
Vergl. unter
Ehre: Eine Afterart der Ehre.)
3) Empfindlichkeit gegen Kleinigkeiten als ein Zeichen
des Wohlstandes.
Wenn man den Zustand eines Menschen, seiner Glücklichkeit nach,
abschätzen will, soll man nicht fragen nach Dem, was ihn vergnügt,
sondern nach Dem, was ihn betrübt; denn, je geringfügiger Dieses, an
sich selbst genommen, ist, desto glücklicher ist der Mensch, weil ein Zustand
des Wohlbefindens dazu gehört, um gegen Kleinigkeiten empfindlich
zu sein; im Unglück spüren wir sie gar nicht. (
P. I, 437.)