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Schopenhauers Kosmos

 

 Leiden.

1) Allgemeinheit und Maßlosigkeit des Leidens.

Da das den Kern und das Ansich jedes Dinges ausmachende Streben das Selbe ist, was in uns Wille heißt, Hemmung desselben oder durch ein Hindernis, welches sich zwischen ihn und sein einstweiliges Ziel stellt, Leiden, hingegen sein Erreichen des Ziels Befriedigung, Wohlsein, Glück genannt wird; so können wir diese Benennungen auch auf die dem Grade nach schwächeren, dem Wesen nach mit uns identischen Erscheinungen der erkenntnislosen Welt übertragen. Diese sehen wir alsdann in stetem Leiden begriffen und ohne bleibendes Glück. Denn alles Streben entspringt aus Mangel, aus Unzufriedenheit mit seinem Zustande, ist also Leiden, so lange es nicht befriedigt ist; keine Befriedigung aber ist dauernd, vielmehr ist jede stets nur der Anfangspunkt eines neuen Strebens. Das Streben sehen wir überall vielfach gehemmt, überall kämpfend; so lange also immer als Leiden. Kein letztes Ziel des Strebens, also kein Maß und Ziel des Leidens. (W. I, 365.)

2) Leiden des Lebens.

(S. Leben.)

3) Läuternde Kraft und Ehrwürdigkeit des Leidens.

Alles Leiden hat, indem es eine Mortifikation und Aufforderung zur Resignation ist, der Möglichkeit nach eine heilende Kraft. Hieraus ist es zu erklären, dass großes Unglück, tiefe Schmerzen schon an sich eine gewisse Ehrfurcht einflößen. Ganz ehrwürdig wird uns aber der Leidende erst dann, wann er, den Lauf seines Lebens als eine Kette von Leiden überblickend, oder einen großen und unheilbaren Schmerz betrauernd, seinen Blick vom Einzelnen zum Allgemeinen erhoben hat und sein eigenes Leiden nur als Beispiel des Ganzen betrachtet und dann das Ganze des Lebens, als wesentliches Leiden aufgefasst, ihn zur Resignation bringt. (W. I, 468. Vergl. auch Heilsordnung.)