Traumdeutung.
Der keineswegs zufällige, oder angekünstelte, sondern dem Menschen
natürliche Hang, über die Bedeutung gehabter Träume zu grübeln, hat
seinen Grund in dem Glauben, dass es prophetische, fatidike Träume
gibt, und dass die in das Gewand der Allegorie gehüllten Träume
von dieser Art seien. (Vergl. unter Traum: Die prophetischen
Träume.) Aus diesem Hang entsteht nun, wenn er gepflegt und
methodisch ausgebildet wird, die Oneiromantik. Allein diese fügt
die Voraussetzung hinzu, dass die Vorgänge im Traum eine feststehende,
ein für alle Mal geltende Bedeutung hätten, über welche sich
daher ein Lexikon machen ließe. Solches ist aber nicht der Fall.
Vielmehr ist die Allegorie dem jedesmaligen Objekt und Subjekt des
dem allegorischen Traum zum Grunde liegenden theorematischen Traums
eigens und individuell angepasst. Daher eben ist die Auslegung
der allegorischen fatidiken Träume größtenteils so schwer, dass wir sie
meistens erst, nachdem ihre Verkündigung eingetroffen ist, verstehen,
dann aber die ganz eigentümliche, dem Träumenden sonst völlig fremde,
dämonische Schalkhaftigkeit des Witzes, mit welchem die Allegorie angelegt
und ausgeführt worden, bewundern müssen. (P. I, 271 fg.)