1) Der Lebenslauf als Produkt zweier Faktoren.
Unser Lebenslauf ist keineswegs schlechthin unser eigenes Werk,
sondern das Produkt zweier Faktoren, nämlich der Reihe der Begebenheiten
und der Reihe unserer Entschlüsse, welche stets in einander greifen
und sich gegenseitig modifizieren. Von beiden sind uns wegen der Beschränktheit
unseres Horizonts eigentlich nur die gegenwärtigen recht
bekannt. Deshalb können wir, so lange unser Ziel noch fern liegt,
nicht ein Mal gerade darauf hinsteuern; sondern nur approximativ
und nach Mutmaßungen unsere Richtung dahin lenken, müssen also
oft lavieren. Alles nämlich, was wir vermögen, ist unsere Entschlüsse
allezeit nach Maßgabe der gegenwärtigen Umstände zu fassen, in der
Hoffnung, es so zu treffen, dass es uns dem Hauptziel näher bringe.
So sind denn meistens die Begebenheiten und unsere Grundabsichten
zweien, nach verschiedenen Seiten ziehenden Kräften zu vergleichen und
die daraus entstehende Diagonale ist unser Lebenslauf. (
P. I, 498 fg.)
2) Die unbewusste Weisheit im Lebenslauf des Einzelnen.
Es gibt in unserm Lebenslauf etwas über unser bewusstes und
berechnetes Tun Hinausliegendes. Es gibt etwas Weiseres in uns,
als der Kopf ist. Wir handeln nämlich, bei den großen Zügen, den
Hauptschritten unseres Lebenslaufes, nicht sowohl nach deutlicher Erkenntnis
des Rechten, als nach einem inneren Impuls, man möchte
sagen Instinkt, der aus dem tiefsten Grunde unseres Wesens kommt,
und bemäkeln nachher unser Tun nach deutlichen, aber auch dürftigen,
erworbenen, ja geborgten Begriffen; da werden wir leicht ungerecht
gegen uns selbst. (
P. I, 499 fg. Vergl. unter
Schicksal: Die anscheinende
Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen.)
3) Die sukzessive Herrschaft der Planeten im Lebenslauf des Menschen.
Zwar ist nicht, wie die Astrologie es wollte, der Lebenslauf des
Einzelnen in den Planeten vorgezeichnet; wohl aber der Lebenslauf des
Menschen überhaupt, sofern jedem Alter desselben ein Planet, der
Reihenfolge nach, entspricht und sein Leben demnach sukzessive von
allen Planeten beherrscht wird. (
P. I, 529 fg.)
4) Der Lebenslauf als Folge eines früheren Daseins.
(S. unter
Präexistenz: Die Präexistenz als moralisches
Postulat.)