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Schopenhauers Kosmos

 

 Lebenslauf.

1) Der Lebenslauf als Produkt zweier Faktoren.

Unser Lebenslauf ist keineswegs schlechthin unser eigenes Werk, sondern das Produkt zweier Faktoren, nämlich der Reihe der Begebenheiten und der Reihe unserer Entschlüsse, welche stets in einander greifen und sich gegenseitig modifizieren. Von beiden sind uns wegen der Beschränktheit unseres Horizonts eigentlich nur die gegenwärtigen recht bekannt. Deshalb können wir, so lange unser Ziel noch fern liegt, nicht ein Mal gerade darauf hinsteuern; sondern nur approximativ und nach Mutmaßungen unsere Richtung dahin lenken, müssen also oft lavieren. Alles nämlich, was wir vermögen, ist unsere Entschlüsse allezeit nach Maßgabe der gegenwärtigen Umstände zu fassen, in der Hoffnung, es so zu treffen, dass es uns dem Hauptziel näher bringe. So sind denn meistens die Begebenheiten und unsere Grundabsichten zweien, nach verschiedenen Seiten ziehenden Kräften zu vergleichen und die daraus entstehende Diagonale ist unser Lebenslauf. (P. I, 498 fg.)

2) Die unbewusste Weisheit im Lebenslauf des Einzelnen.

Es gibt in unserm Lebenslauf etwas über unser bewusstes und berechnetes Tun Hinausliegendes. Es gibt etwas Weiseres in uns, als der Kopf ist. Wir handeln nämlich, bei den großen Zügen, den Hauptschritten unseres Lebenslaufes, nicht sowohl nach deutlicher Erkenntnis des Rechten, als nach einem inneren Impuls, man möchte sagen Instinkt, der aus dem tiefsten Grunde unseres Wesens kommt, und bemäkeln nachher unser Tun nach deutlichen, aber auch dürftigen, erworbenen, ja geborgten Begriffen; da werden wir leicht ungerecht gegen uns selbst. (P. I, 499 fg. Vergl. unter Schicksal: Die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen.)

3) Die sukzessive Herrschaft der Planeten im Lebenslauf des Menschen.

Zwar ist nicht, wie die Astrologie es wollte, der Lebenslauf des Einzelnen in den Planeten vorgezeichnet; wohl aber der Lebenslauf des Menschen überhaupt, sofern jedem Alter desselben ein Planet, der Reihenfolge nach, entspricht und sein Leben demnach sukzessive von allen Planeten beherrscht wird. (P. I, 529 fg.)

4) Der Lebenslauf als Folge eines früheren Daseins.

(S. unter Präexistenz: Die Präexistenz als moralisches Postulat.)