Grobheit.
1) Grobheit als Gegensatz der Höflichkeit.
Höflichkeit ist nur eine grinsende Maske. Wenn aber Einer grob wird, da ist es, als hätte er die Kleider abgeworfen und stände in puris naturalibus da. Freilich nimmt er sich dann, wie die meisten Menschen, in diesem Zustande schlecht aus. (P. I, 493.)2) Grobheit als instinktiver Kunstgriff beim Disputieren und Gegenregel gegen denselben.
Sophisten wenden dem überlegenen Gegner gegenüber, der ihnen ihre Sophistik nachweist, erst Schliche und Schikanen an und werden dann schließlich grob und beleidigend. Denn dies ist das Mittel, durch welches Jeder sich Jedem gleich setzen und selbst die größte Intellektuelle Ungleichheit augenblicklich ausgleichen kann. Zu diesem Mittel fühlt daher die niedrige Natur eine sogar instinktive Aufforderung, sobald sie geistige Überlegenheit zu spüren anfängt. (P. I, 47.) Das Persönlichwerden, bei welchem man den Gegenstand des Streites ganz verlässt und seinen Angriff auf die Person des Gegners richtet, indem man kränkend, hämisch, beleidigend, grob wird, ist ein sehr beliebter eristischer Kunstgriff, weil Jeder zur Ausführung tauglich ist. (H. 34.)
Gelassenheit und Kaltblütigkeit ist gegen diesen Kunstgriff nicht
ausreichend, ist auch nicht Jedem gegeben. Die einzig sichere Gegenregel
ist: Nicht mit dem Ersten dem Besten zu disputieren, sondern
allein mit Solchen, die man als verständig und als empfänglich für
Gegengründe und für Wahrheit, auch wenn sie aus dem Munde des
Gegners kommt, kennt. (H. 34 fg.)