1) Unterschied des Gefühls des Erhabenen von dem
des Schönen.
So lange die Bedeutsamkeit und Deutlichkeit der Formen der Natur,
aus denen die in ihnen individualisierten Ideen uns leicht ansprechen,
es ist, was uns in die ästhetische Kontemplation versetzt; so lange
ist es bloß das Schöne, was auf uns wirkt, und Gefühl der
Schönheit, was erregt wird. Wenn nun aber eben jene Gegenstände,
deren bedeutsame Gestalten uns zu ihrer reinen Kontemplation
einladen, gegen den menschlichen Willen ein feindliches Verhältnis
haben, ihm entgegen sind, durch ihre allen Widerstand aufhebende Übermacht
ihn bedrohen, oder vor ihrer unermesslichen Größe ihn bis zum
Nichts verkleinern; der Betrachter aber dennoch nicht auf dieses sich
aufdrängende feindliche Verhältnis zu seinem Willen seine Aufmerksamkeit
richtet, sondern sich mit Bewusstsein davon abwendet und jene dem
Willen furchtbaren Gegenstände als reines willenloses Subjekt des Erkennens
ruhig kontempliert, ihre Idee allein auffassend, folglich dadurch
über sich, seine Person, sein Wollen und alles Wollen hinausgehoben
wird; — dann erfüllt ihn das Gefühl des Erhabenen. Was also
das Gefühl des Erhabenen von dem des Schönen unterscheidet, ist
dieses, dass bei letzterem das reine, willenlose Erkennen ohne Kampf, die
Oberhand gewonnen hat, hingegen bei ersterem der Zustand des reinen
Erkennens allererst gewonnen ist durch ein bewusstes und gewaltsames
Losreißen von den als ungünstig erkannten Beziehungen des Objekts
zum Willen. (
W. I, 237.)
2) Grade des Erhabenen.
Da das Gefühl des Erhabenen mit dem des Schönen in der Hauptsache,
dem reinen willensfreien Erkennen der Ideen, Eines ist und nur
durch einen Zusatz, nämlich die Erhebung über das erkannte feindliche
Verhältnis des kontemplierten Objekts zum Willen sich vom Gefühl des
Schönen unterscheidet; so entstehen, je nachdem dieser Zusatz stark, laut,
dringend, nah, oder nur schwach, fern, bloß angedeutet ist, mehrere
Grade des Erhabenen, ja, Übergänge vom Schönen zum Erhabenen.
(
W. I, 239 ff.
H. 361 fg.)
3) Arten des Erhabenen.
Der Eindruck des Erhabenen kann entstehen beim Anblick einer dem
Individuum Vernichtung drohenden, ihm überlegenen Macht; er kann
aber auch entstehen bei der Vergegenwärtigung einer bloßen Größe in
Raum und Zeit, deren Unermesslichkeit das Individuum zu Nichts
verkleinert. Wir können, Kants Benennungen und seine richtige Einteilung
beibehaltend, die erstere Art das Dynamisch-, die zweite
das Mathematisch-Erhabene nennen. (
W. I, 242 fg.
H. 363.)
4) Das ethisch Erhabene.
Auf das Ethische angewendet bezeichnet das Prädikat
erhaben
den
erhabenen Charakter. Dieser entspringt daraus, dass der Wille den
Menschen und dem Schicksal gegenüber nicht erregt wird durch Gegenstände,
welche allerdings geeignet wären, ihn zu erregen; sondern das
Erkennen auch hierbei die Oberhand behält. Der erhabene Charakter,
die Menschen rein objektiv betrachtend, ist frei von Hass und Neid.
(
W. I, 244.)
5) Das Gegenteil des Erhabenen.
Das eigentliche Gegenteil des Erhabenen ist das Reizende.
(
W. I, 244. Vergl. das
Reizende.)