1) Das Weinen als Reflexbewegung.
Das Weinen gehört, wie das Lachen, zu den Reflexbewegungen.
(S.
Lachen.)
2) Das Weinen als unterscheidendes Merkmal des Menschen vom Tiere.
Das Weinen gehört, wie das Lachen, zu den Äußerungen, die den
Menschen vom Tiere unterscheiden. (
W. I, 444.)
3) Psychischer Ursprung des Weinens.
Das Weinen entspringt aus dem Mitleid, dessen Gegenstand man
selbst ist. Es ist keineswegs geradezu Äußerung des Schmerzes; denn
bei den wenigsten Schmerzen wird geweint. Man weint sogar nie
unmittelbar über den empfundenen Schmerz, sondern immer nur über
dessen Wiederholung in der Reflexion. Das unmittelbar gefühlte Leid
wird nämlich in der Reflexion als fremdes vorgestellt, als solches mitgefühlt
und dann plötzlich wieder als unmittelbar eigenes wahrgenommen.
In dieser sonderbaren Stimmung schafft sich die Natur durch
jenen körperlichen Krampf Erleichterung. Das Weinen ist demnach
Mitleid mit sich selbst, oder das auf seinen Ausgangspunkt zurückgeworfene
Mitleid. Wenn wir nicht durch eigene, sondern durch fremde
Leiden zum Weinen bewegt werden, so geschieht dies dadurch, dass wir
uns in der Phantasie lebhaft an die Stelle des Leidenden versetzen,
oder auch in seinem Schicksal das Los der ganzen Menschheit und
folglich vor Allem unser eigenes erblicken. (
W. I, 445 fg.; II, 677 fg.
M. 351.)
4) Wodurch das Weinen bedingt ist.
Das Weinen ist durch Fähigkeit zur Liebe und zum Mitleid und
durch Phantasie bedingt; daher weder hartherzige, noch phantasielose
Menschen leicht weinen, und das Weinen sogar immer als Zeichen
eines gewissen Grades von Güte des Charakters angesehen wird und
den Zorn entwaffnet. (
W. I, 445.)