1) Der Trieb zur Verehrung.
Im Menschen ist eine verehrende Ader. Er verehrt gern Etwas.
Nur hält die Verehrung meistens vor der unrechten Tür, woselbst sie
stehen bleibt, bis die Nachwelt kommt, sie zurechtzuweisen. Nachdem
dies geschehen ist, artet die Verehrung, welche der gebildete große Haufe
dem Genie zollt, gerade so wie die, welche die Gläubigen ihren Heiligen
widmen, gar leicht in läppischen Reliquiendienst aus. (
P. II,
89 fg.
H. 454.)
2) Gegensatz zwischen Verehrung und Liebe.
Rochefoucauld hat treffend bemerkt, dass es schwer ist, Jemanden
zugleich hoch zu verehren und sehr zu lieben. Demnach hätten wir
die Wahl, ob wir uns um die Liebe, oder um die Verehrung der
Menschen bewerben wollen. Ihre Liebe ist stets eigennützig; zudem
ist Das, wodurch man sie erwirbt, nicht immer geeignet, uns darauf
stolz zu machen. — Hingegen mit der Verehrung der Menschen steht
es umgekehrt; sie wird ihnen nur wider ihren Willen abgezwungen,
auch eben deshalb meistens verhehlt. Daher gibt sie uns, im Innern,
eine viel größere Befriedigung; sie hängt mit unserm Werte zusammen,
welches von der Liebe der Menschen nicht unmittelbar gilt;
denn diese ist subjektiv, die Verehrung objektiv. Nützlich ist uns die
Liebe freilich mehr. (
P. I, 477.)