2) Wesen des Organismus.
Der Organismus ist die bloße Erscheinung, Sichtbarkeit, Objektität
des Willens, ja eigentlich nur der im Gehirn als Vorstellung angeschaute
Wille. Was im Selbstbewusstsein, also subjektiv, der Wille
ist, das stellt im Bewusstsein anderer Dinge, also objektiv, sich als der
gesamte Organismus dar. (
W. II, 277. 375.
N. 101.) Nicht
bloß in allen inneren unbewussten Funktionen des Organismus ist der
Wille das Agens; sondern der organische Leib selbst ist nichts Anderes
als der in die Vorstellung getretene Wille, der in der Erkenntnisform
des Raumes angeschaute Wille selbst. (
N. 34. 54. Vergl. auch
Leib.)
3) Verhältnis der Organisation zur Lebensweise.
Bei näherer Betrachtung der Angemessenheit der Organisation jedes
Tieres zu seiner Lebensweise und den Mitteln, sich seine Existenz zu
erhalten, entsteht die Frage, ob die Lebensweise sich nach der Organisation
gerichtet habe, oder diese nach jener. Auf den ersten Blick
scheint das Erstere das Richtigere, da der Zeit nach die Organisation
der Lebensweise vorhergeht und man meint, das Tier habe die Lebensweise
ergriffen, zu der sein Bau sich am besten eignete. Allein unter
dieser Annahme bleibt unerklärlich wie die ganz verschiedenen Teile des
Organismus eines Tieres sämtlich seiner Lebensweise genau entsprechen,
kein Organ das andere stört, vielmehr jedes das andere
unterstützt, auch keines unbenutzt bleibt und kein untergeordnetes Organ
zu einer anderen Lebensweise besser taugen würde, während allein die
Hauptorgane diejenige bestimmt hätten, die das Tier wirklich führt;
vielmehr jeder Teil des Tieres sowohl jedem andern, als seiner
Lebensweise auf das genaueste entspricht. Dieses, dass einerseits, gemäß
der
lex parsimoniae naturae, kein Tier ein überflüssiges Organ hat,
andererseits keinem Tier je ein Organ abgeht, welches seine Lebensweise
erfordert, sondern alle, auch die verschiedenartigsten, übereinstimmen
und wie berechnet sind auf eine ganz speziell bestimmte Lebensweise,
beweist, dass die Lebensweise, die das Tier, um seinen Unterhalt zu
finden, führen wollte, es war, die seinen Bau bestimmte, — nicht aber
umgekehrt. Das Erste und Ursprüngliche ist das Streben, auf diese
bestimmte Weise zu leben, auf solche Art zu kämpfen, welches Streben
sich darstellt nicht nur im Gebrauch, sondern schon im Dasein der
Waffe, so sehr, dass jener oft diesem vorhergeht, wie das Stoßen
junger Böcke, Widder, Kälber mit dem bloßen Kopf, ehe sie noch
Hörner haben, beweist, — ein Zeichen, dass weil das Streben da ist,
die Waffe sich einstellt, nicht umgekehrt, und so mit jedem Teil
überhaupt. (
N. 40—52.)
4) Erklärung der Zweckmäßigkeit des Organismus.
Sowohl die am Knochengerüste sich darstellende genaue Angemessenheit
des Baues zu den Zwecken und äußeren Lebensverhältnissen des
Tieres, als auch die so bewundernswürdige Zweckmäßigkeit und
Harmonie im Getriebe seines Innern, wird durch keine andere Erklärung
oder Annahme auch nur entfernterweise so begreiflich, als durch
die Wahrheit, dass der Leib des Tieres eben nur sein Wille selbst ist,
angeschaut als Vorstellung. Denn unter dieser Voraussetzung muss
Alles in und an ihm konspirieren zum letzten Zweck, dem Leben dieses
Tieres. Alles Nötige muss da sein, genau so weit es nötig ist,
nicht weiter. Denn hier ist der Meister, das Werk und der Stoff
Eines und dasselbe. Hier war Wollen, Tun und Erreichen Eines
und dasselbe. Daher ist jeder Organismus ein überschwänglich vollendetes
Meisterstück, steht als ein Wunder da und ist keinem Menschenwerk,
das beim Lampenschein der Erkenntnis erkünstelt wurde, zu
vergleichen. (
N. 54—57.)