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Schopenhauers Kosmos

 

 Natürliche, das.

1) Einheit und Harmonie des Natürlichen.

Jede Tiergestalt bietet uns eine Ganzheit, Einheit, Vollkommenheit und streng durchgeführte Harmonie aller Teile dar, die so ganz auf Einem Grundgedanken beruht, dass beim Anblick selbst der abenteuerlichsten Tiergestalt es Dem, der sich darin vertieft, zuletzt vorkommt, als wäre sie die einzig richtige, ja mögliche, und könne es gar keine andere Form des Lebens, als eben diese, geben. Hierauf beruht im tiefsten Grunde der Ausdruck natürlich, wenn wir damit bezeichnen, dass etwas sich von selbst versteht und nicht anders sein kann. (N . 55.)

2) Bedeutung des Gegensatzes zwischen dem Natürlichen und Übernatürlichen.

Das Volk unterscheidet Natürliches und Übernatürliches als zwei grundverschiedene Ordnungen der Dinge. Dem Übernatürlichen schreibt es Wunder, Weissagungen, Gespenster und Zauberei zu, lässt aber überdies die Natur selbst auf einem Übernatürlichen beruhen. Diese populäre Unterscheidung fällt im Wesentlichen zusammen mit der Kantischen zwischen Erscheinung und Ding an sich; nur dass diese die Sache genauer und richtiger bestimmt, nämlich dahin, dass Natürliches und Übernatürliches nicht zwei verschiedene und getrennte Arten von Wesen sind, sondern Eines und Dasselbe, welches an sich genommen übernatürlich ist, weil erst indem es erscheint, d. h. in die Wahrnehmung unseres Intellekts tritt, die Natur sich darstellt, deren phänomenale Gesetzmäßigkeit es eben ist, die man unter dem Natürlichen versteht. (P. II, 284 fg.)
Die Entgegensetzung eines Natürlichen und Übernatürlichen spricht schon die dunkle Erkenntnis aus, dass die Erfahrung mit ihrer Gesetzmäßigkeit bloße Erscheinung sei, hinter welcher ein Ding an sich steckt. (H. 337 fg.)

3) Das Natürliche vom ethischen Standpunkte aus betrachtet.

Die bisweilen für manche Laster gehörte Entschuldigung: und doch ist es dem Menschen natürlich, reicht keineswegs aus; sondern man soll darauf erwidern: eben weil es schlecht ist, ist es natürlich, und eben weil es natürlich ist, ist es schlecht. Dies recht zu verstehen, muss man den Sinn der Lehre von der Erbsünde erkannt haben. (P. II, 326.)