rel='stylesheet' type='text/css'>
Schopenhauers Kosmos

 

 Möglichkeit.

1) Unterschied der Möglichkeit überhaupt von der empirischen Möglichkeit.

Möglichkeit überhaupt ist, wie Kant zur Genüge gezeigt hat, Übereinstimmung mit den uns a priori bewussten Bedingungen aller Erfahrung. (G. 18.) Alles den unserem Intellekt angehörenden Gesetzen a priori Gemäße ist überhaupt möglich. Das den empirischen Naturgesetzen Entsprechende hingegen ist das in dieser Welt Mögliche. (W. I, 554.)

2) Ursprung der Kategorie der Möglichkeit aus der Reflexion.

Verlassen wir die anschauliche Natur und gehen über zum abstrakten Denken; so können wir, in der Reflexion, alle Naturgesetze, die uns teils a priori, teils erst a posteriori bekannt sind, uns vorstellen, und diese abstrakte Vorstellung enthält Alles, was in der Natur zu irgend einer Zeit, an irgend einem Orte ist, aber mit Abstraktion von jedem bestimmten Ort und Zeit; und damit eben, durch solche Reflexion, sind wir ins weite Reich der Möglichkeit getreten. Was aber sogar auch hier keine Stelle findet, ist das Unmögliche. Es ist offenbar, dass Möglichkeit und Unmöglichkeit nur für die Reflexion, für die abstrakte Erkenntnis der Vernunft, nicht für die anschauliche Erkenntnis da sind; obgleich die reinen Formen dieser es sind, welche der Vernunft die Bestimmung des Möglichen und Unmöglichen an die Hand geben. Je nachdem die Naturgesetze, von denen wir beim Denken des Möglichen und Unmöglichen ausgehen, a priori oder a posteriori erkannt sind, ist die Möglichkeit oder Unmöglichkeit eine metaphysische, oder nur physische. (W. I, 551.)

2) Zusammenfallen und Auseinandertreten des Möglichen, Wirklichen und Notwendigen.

Der Unterschied zwischen notwendig, wirklich und möglich ist nur in abstrakto und dem Begriffe nach vorhanden; in der realen Welt hingegen fallen alle Drei in Eins zusammen. Denn Alles, was geschieht, geschieht notwendig, weil es aus Ursachen geschieht. Dem gemäß Ist alles Wirkliche zugleich ein Notwendiges, und in der Realität zwischen Wirklichkeit und Notwendigkeit kein Unterschied; und ebenso keiner zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, denn was nicht geschehen, d. h. nicht wirklich geworden ist, war auch nicht möglich, weil die Ursachen, ohne welche es nimmermehr eintreten konnte, selbst nicht eingetreten sind, noch eintreten konnten in der großen Verkettung der Ursachen, es war also ein Unmögliches. Jeder Vorgang ist demnach entweder notwendig, oder unmöglich. Dieses Alles gilt aber bloß von der empirisch realen Welt, also vom ganz Einzelnen als solchem. Betrachten wir hingegen mittelst der Vernunft die Dinge im Allgemeinen, sie in abstrakto auffassend; so treten Notwendigkeit, Wirklichkeit und Möglichkeit wieder auseinander; wir erkennen dann alles den unserm Intellekt angehörenden Gesetzen a priori Gemäße als überhaupt möglich, das den empirischen Naturgesetzen Entsprechende als in dieser Welt möglich, auch wenn es nie wirklich geworden, unterscheiden also deutlich das Mögliche von dem Wirklichen. (W. I, 554 fg.)