Moraltheologie.
Die von Kant aus der Moral entwickelte Theologie, die bekannte
bloß auf Moral gestützte Theologie ist nur scheinbar aus seiner Moral
hervorgegangen, da diese in ihrer imperativen Form vielmehr die Theologie
schon zur Voraussetzung hatte. In der Form hat die Sache
Analogie mit der Überraschung, die ein Künstler in der natürlichen
Magie uns bereitet, indem er eine Sache uns da finden lässt, wohin
er sie zuvor weislich praktiziert hatte. (E. 125 fg.)
Kants Darstellung, wenn wohl verstanden, besagt nichts Anderes,
als dass die Annahme eines nach dem Tode vergeltenden, gerechten
Gottes ein brauchbares und ausreichendes regulatives Schema sei,
zum Behuf der Auslegung der gefühlten ernsten, ethischen Bedeutsamkeit
unseres Handelns, wie auch der Leitung dieses Handelns selbst, also
gewissermaßen eine Allegorie der Wahrheit, analog dem noch wahreren
und wertvolleren Dogma von der vergeltenden Metempsychose. (S.
Metempsychose.) In diesem Sinne hat man Kants Moraltheologie
zu nehmen, obgleich er selbst nicht so unumwunden, wie hier geschieht,
sich über das eigentliche Sachverhältnis ausdrücken durfte. Die theologischen
und philosophischen Schriftsteller der nachkantischen Zeit haben
meistens gesucht, der Kantischen Moraltheologie das Ansehen eines
wirklichen dogmatischen Theismus, eines neuen Beweises des Daseins
Gottes zu geben. Das ist sie aber durchaus nicht; sondern sie gilt
ganz allein innerhalb der Moral, bloß zum Behuf der Moral und
kein Strohbreit weiter. (P. I, 120 fg.)