rel='stylesheet' type='text/css'>
Schopenhauers Kosmos

 

 Mond.

1) Eine Hypothese über die Mondoberfläche.

Das Wasser des Mondes — dies ist jedoch nur als eine gewagte Hypothese zu betrachten — ist nicht abwesend, sondern gefroren, indem der Mangel einer Atmosphäre eine fast absolute Kälte herbeiführt, welche sogar die, außerdem durch denselben begünstigte Verdunstung des Eises nicht zulässt. Nämlich bei der Kleinheit des Mondes müssen wir seine innere Wärmequelle als erschöpft, oder wenigstens als nicht mehr auf die Oberfläche wirkend betrachten. Von der Sonne erhält er nicht mehr Wärme, als die Erde. Wir haben also keinen stärkeren erwärmenden Einfluss der Sonne auf den Mond anzunehmen, als der ist, den sie auf die Erde hat; ja sogar einen schwächeren, da derselbe für jede Seite zwar 14 Tage dauert, dann aber durch eine eben so lange Nacht unterbrochen wird, welche die Anhäufung seiner Wirkung verhindert. — Nun aber ist jede Erwärmung durch das Sonnenlicht von der Gegenwart einer Atmosphäre abhängig. Da diese nun dem Monde fehlt, so hätten wir uns alles Wasser auf demselben als in Eis verwandelt und namentlich den ganzen, so rätselhaften, graueren Teil seiner Oberfläche, den man allezeit als maria bezeichnet hat, als gefrorenes Wasser anzusehen. (P. II, 140—143.)

2) Der Lauf des Mondes als Beispiel für die Identität des Wesentlichen in der Bewegung der Himmelskörper und im Handeln des Menschen.

(S. unter Himmel: Analogie der Bewegung der Himmelskörper mit dem Handeln des Menschen.)

3) Ob Leben auf dem Monde möglich ist.

Der Schluss vom Mangel der Atmosphäre und des Wassers auf Abwesenheit alles Lebens ist nicht ganz sicher; sogar könnte man ihn kleinstädtisch nennen, sofern er auf der Voraussetzung partout comme chez nous beruht. Das Phänomen des tierischen Lebens könnte wohl noch auf andere Weise vermittelt werden, als durch Respiration und Blutumlauf, da das Wesentliche alles Lebens allein der beständige Wechsel der Materie beim Beharren der Form ist. Wir freilich können uns dies nur unter Vermittlung des Flüssigen und Dunstförmigen denken. (P. II, 143.)

4) Ästhetische Wirkung des Mondes.

Warum wirkt der Anblick des Vollmondes so wohltätig und erhebend? Weil der Mond ein Gegenstand der Anschauung, aber nie des Wollens ist. Ferner ist er erhaben, d. h. stimmt uns erhaben, weil er, ohne alle Beziehung auf uns, dem irdischen Treiben ewig fremd dahinzieht und Alles sieht, aber an nichts Anteil nimmt. Bei seinem Anblick schwindet daher der Wille mit seiner steten Not aus dem Bewusstsein und lässt es als ein rein erkennendes zurück. Vielleicht wird der Eindruck des Erhabenen noch erhöht durch das sich beimischende Gefühl, dass wir diesen Anblick mit Millionen teilen, deren individuelle Verschiedenheit darin erlischt, so dass sie in diesem Anschauen Eins sind. Endlich wird der Eindruck des Erhabenen auch dadurch befördert, dass der Mond leuchtet, ohne zu wärmen, worin gewiss der Grund liegt, dass man ihn keusch genannt hat. (W. II, 426 fg.)