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Schopenhauers Kosmos

 

 Literaturzeitungen.

1) Aufgabe der Literaturzeitungen.

Die Literaturzeitungen sollten gegen die immer höher steigende Sintflut unnützer und schlechter Bücher der Damm sein, indem sie, unbestechlich, gerecht und strenge urteilend, jedes Machwerk eines Unberufenen, jede Schreiberei, mittelst welcher der leere Kopf dem leeren Beutel zu Hilfe kommen will, folglich wohl 9/10 aller Bücher, schonungslos geißelten und dadurch pflichtgemäß dem Schreibekitzel und der Prellerei entgegenarbeiteten, statt solche dadurch zu befördern, dass ihre niederträchtige Toleranz im Bunde steht mit Autor und Verleger, um dem Publikum Zeit und Geld zu rauben. (P. II, 544.)

2) Von Wem allein eine ihre Aufgabe erfüllende Literaturzeitung ausgehen kann.

Eine ihre Aufgabe erfüllende Literaturzeitung könnte nur von Leuten geschrieben werden, in welchen unbestechliche Redlichkeit mit seltenen Kenntnissen und noch seltenerer Urteilskraft vereint wäre; demnach könnte ganz Deutschland allerhöchstens und kaum eine solche Literaturzeitung zu Stande bringen, die dann aber dastehen würde als ein gerechter Areopag, und zu der jedes Mitglied von den sämtlichen anderen gewählt sein müsste; statt dass jetzt die Literaturzeitungen von Universitätsgilden oder Literatenkreisen, im Stillen vielleicht gar von Buchhändlern, zum Nutzen des Buchhandels betrieben werden und in der Regel einige Koalitionen schlechter Köpfe zum Nichtaufkommenlassen des Guten enthalten. (P. II, 546.)

3) Verwerflichkeit der Anonymität in Literaturzeitungen.

In Literaturzeitungen hat zur Einführung der Anonymität der Vorwand gedient, dass sie den redlichen Rezensenten, den Warner des Publikums, schützen sollte gegen den Groll des Autors und seiner Gönner; allein gegen Einen Fall dieser Art werden hundert sein, wo sie bloß dient, Den, der das was er sagt nicht vertreten kann, aller Verantwortlichkeit zu entziehen, oder wohl gar die Schande Dessen zu verhüllen, der feil und niederträchtig genug ist, für ein Trinkgeld vom Verleger ein schlechtes Buch dem Publikum anzupreisen. Alles anonyme Rezensieren ist auf Lug und Trug abgesehen. Anonyme Literaturzeitungen sind ganz eigentlich der Ort, wo ungestraft Unwissenheit über Gelehrsamkeit, und Dummheit über Verstand zu Gericht sitzt, und wo das Publikum ungestraft belogen, auch um Geld und Zeit durch Lob des Schlechten geprellt wird. (P. II, 546 fg. Vergl. auch Anonymität.)