Lächerliche, das.
1) Wesen und Elemente des Lächerlichen.
Das Lächerliche besteht in der paradoxen und daher unerwarteten Subsumtion eines Gegenstandes unter einen ihm übrigens heterogenen Begriff, also in der Inkongruenz zwischen dem Abstrakten und Anschaulichen. In allem Lächerlichen muss daher nachzuweisen sein ein Begriff und ein Anschauliches, welches zwar unter jenen Begriff sich subsumieren, mithin durch ihn denken lässt, jedoch in anderer und vorwaltender Beziehung gar nicht darunter gehört, sondern sich von Allem, was sonst durch jenen Begriff gedacht wird, auffallend unterscheidet. (W. I, 70; II, 99 fg.)2) Arten des Lächerlichen.
Das Lächerliche zerfällt in zwei Arten. Entweder nämlich sind in der Erkenntnis zwei oder mehrere sehr verschiedene reale Objekte, anschauliche Vorstellungen vorhergegangen und man hat sie willkürlich durch die Einheit eines beide fassenden Begriffs identifiziert. Diese Art des Lächerlichen heißt Witz. Oder aber umgekehrt, der Begriff ist in der Erkenntnis zuerst da, und man geht nun von ihm zur Realität und zum Wirken auf dieselbe, zum Handeln über, behandelt also grundverschiedene Objekte, die alle in jenem Begriff gedacht sind, auf gleiche Weise. Diese Art des Lächerlichen heißt Narrheit. Demnach ist jedes Lächerliche entweder ein witziger Einfall, oder eine närrische Handlung. Der Witz zeigt sich immer in Worten, die Narrheit aber meistens in Handlungen, wiewohl auch in Worten, wenn sie ihr Vorhaben nur ausspricht, statt es wirklich zu vollführen, oder auch in bloßen Urteilen und Meinungen sich äußert. (W. I, 71; II, 101—106.)a) Witz.
In allen Beispielen des Witzes findet man, dass einem Begriff, oder überhaupt einem abstrakten Gedanken, ein Reales, entweder unmittelbar, oder mittelst eines engeren Begriffes, subsumiert wird, welches zwar nach der Strenge darunter gehört, jedoch himmelweit verschieden ist von der eigentlichen und ursprünglichen Absicht und Richtung des Gedankens. Demgemäß besteht Witz, als Geistestätigkeit, ganz allein in der Leichtigkeit, zu jedem vorkommenden Gegenstande einen Begriff zu finden, unter welchem er allerdings mitgedacht werden kann, jedoch allen andern darunter gehörigen Gegenständen sehr heterogen ist. (W. II, 105.) — Witz und Scharfsinn sind Äußerungen der Urteilskraft; in jenem ist sie reflektierend, in diesem subsumierend tätig. (W. II, 98.)
Eine Afterart des Witzes ist das Wortspiel, calembourg, pun, zu
welchem auch die Zweideutigkeit, l'équivoque, deren Hauptgebrauch der
obszöne (die Zote) ist, gezogen werden kann. Wie der Witz zwei sehr
verschiedene reale Objekte unter einen Begriff zwingt, so bringt das
Wortspiel zwei verschiedene Begriffe, durch Benutzung des Zufalls,
unter ein Wort; der selbe Kontrast entsteht wieder, aber viel matter
und oberflächlicher, weil er nicht aus dem Wesen der Dinge, sondern
aus dem Zufall der Namensgebung entsprungen ist. Beim Witz ist
die Identität im Begriff, die Verschiedenheit in der Wirklichkeit; beim
Wortspiel aber ist die Verschiedenheit in den Begriffen, die Identität
in der Wirklichkeit, als zu welcher der Wortlaut gehört. (W. I, 72 fg.)
b) Narrheit.
Die Narrheit geht vom abstrakten Begriff zu dem durch diesen gedachten Realen, oder Anschaulichen, welches nun aber irgend eine Inkongruenz zu demselben, die übersehen worden, an den Tag legt, wodurch eine Ungereimtheit, mithin in praxi eine närrische Handlung, entsteht. Da das Schauspiel Handlung erfordert, so ist diese Art des Lächerlichen der Komödie wesentlich. (W. II, 105.)
Witz als Narrheit zu maskieren ist die Kunst des Hofnarren und
des Hanswurst. Ein solcher, der Diversität der Objekte sich wohl
bewusst, vereinigt dieselben mit heimlichem Witz unter einen Begriff,
von welchem sodann ausgehend er von der nachher gefundenen Diversität
der Objekte diejenige Überraschung erhält, welche er selbst sich vorbereitet
hatte. (W. I, 71.)
Zur Narrheit gehört auch die Pedanterie. Diese, den Verstand
ganz unter die Vormundschaft der Vernunft stellend, geht immer von
allgemeinen Begriffen, Regeln, Maximen aus und will sich überall
genau an sie halten, klebt daher an der Form, an der Manier, am
Ausdruck und Wort. Da zeigt sich denn bald die Inkongruenz des
Begriffs zur Realität, da jener in seiner starren Allgemeinheit nie
genau zu den feinen Nuancen der Wirklichkeit passt. Der Pedant
kommt daher mit seinen allgemeinen Maximen im Leben fast immer
zu kurz, produziert in der Kunst steife manierierte Aftergeburten und
trifft auch in ethischer Hinsicht nicht das Rechte. (W. I, 71 fg.; II, 83.)
3) Das absichtlich Lächerliche: Ironie und Humor.
Das absichtlich Lächerliche ist der Scherz; er ist das Bestreben, zwischen den Begriffen des Anderen und der Realität, durch Verschieben des Einen dieser Beiden, eine Diskrepanz zu Wege zu bringen; während sein Gegenteil, der Ernst, in der wenigstens angestrebten genauen Angemessenheit Beider zu einander besteht. Versteckt nun aber der Scherz sich hinter den Ernst, so entsteht die Ironie; z. B. wenn wir auf die Meinungen des Andern, welche das Gegenteil der unsrigen sind, mit scheinbarem Ernst eingehen und sie mit ihm zu teilen simulieren, bis endlich das Resultat ihn an uns und ihnen irre macht. Das Umgekehrte der Ironie, der hinter den Scherz versteckte Ernst, ist der Humor. Die Ironie ist objektiv, nämlich auf den Anderen berechnet; der Humor aber subjektiv, nämlich zunächst nur für das eigene Selbst da. Näher betrachtet, beruht der Humor auf einer subjektiven, aber ernsten und erhabenen Stimmung, welche unwillkürlich in Konflikt gerät mit einer ihr sehr heterogenen, gemeinen Außenwelt, der sie weder ausweichen, noch sich selbst aufgeben kann; daher sie zur Vermittlung versucht, ihre eigene Ansicht und jene Außenwelt durch die selben Begriffe zu denken, welche hierdurch eine doppelte, bald auf dieser, bald auf der anderen Seite liegende Inkongruenz zu dem dadurch gedachten Realen erhalten, wodurch der Eindruck des absichtlich Lächerlichen, also des Scherzes entsteht, hinter welchem jedoch der tiefste Ernst versteckt ist und durchscheint. Fängt die Ironie mit ernster Miene an und endigt mit lächelnder, so hält der Humor es umgekehrt. (W. II, 109—112. M. 241 fg.) Es ist Missbrauch, das Worthumoristisch, in der Bedeutung von
komischüberhaupt zu gebrauchen und jeden Spaß, jede Hanswurstiade mit
Humorzu betiteln. (W. II, 111 fg.)
Die Ironie ist platt und gemein, wenn mit plumper Absichtlichkeit
ein Reales und Anschauliches geradezu unter den Begriff seines Gegenteils
gebracht wird; denn dann ist die Inkongruenz zwischen dem
Gedachten und dem Angeschauten eine totale. Nur Kinder und Leute
ohne alle Bildung lachen bei solcher platten Ironie. (W. II, 104.) —
Dieser Gattung des Lächerlichen ist wegen der Übertreibung und
deutlichen Absichtlichkeit in etwas verwandt die Parodie. Ihr Verfahren
besteht darin, dass sie den Vorgängen und Worten eines ernsthaften
Gedichtes oder Dramas unbedeutende, niedrige Personen, oder
kleinliche Motive und Handlungen unterschiebt. Sie subsumiert also
die von ihr dargestellten platten Realitäten unter die im Thema gegebenen
hohen Begriffe, unter welche sie nun in gewisser Hinsicht
passen müssen, während sie übrigens denselben sehr inkongruent sind;
wodurch dann der Widerstreit zwischen dem Angeschauten und dem
Gedachten sehr grell hervortritt. (W. II, 104 fg.)