1) Wesen der Krankheit.
Die in der neuesten Zeit endlich geltend gemachte physiatrische
Ansicht, welcher zufolge die Krankheiten ein Heilprozess der Natur sind,
den sie einleitet, um eine irgendwie im Organismus eingerissene Unordnung
durch Überwindung der Ursachen derselben zu beseitigen,
gewinnt ihre ganze Rationalität erst von dem Standpunkt aus, welcher
in der Lebenskraft, die hier als
vis naturae medicatrix auftritt, den
Willen erkennen lässt, der im gesunden Zustand allen organischen
Funktionen zum Grunde liegt, jetzt aber, bei eingetretenen, sein ganzes
Werk bedrohenden Unordnungen sich mit diktatorischer Gewalt bekleidet,
um durch ganz außerordentliche Maßregeln und völlig abnorme
Operationen (die Krankheit) die rebellischen Potenzen zu dämpfen und
Alles ins Gleis zurückzuführen. Dass hingegen der Wille selbst
krank sei, wie
Brandis sagt, ist ein grobes Missverständnis. (
W. II,
295.) Die Krankheiten sind eigentlich nur das Medikament der
vis
naturae medicatrix. (
P. II, 184 fg.)
2) Die Heilarten. Vorzug der Naturheilung vor den Kunstheilungen.
Dem Krankheitsprozess arbeitet die Allopathie, oder Enantiopathie,
aus allen Kräften entgegen; die Homöopathie ihrerseits trachtet ihn zu
beschleunigen, oder zu verstärken; wenn nicht etwa gar, durch Karikieren
desselben, ihn der Natur zu verleiden; jedenfalls, um die überall auf
jedes Übermaß folgende Reaktion zu beschleunigen. Beide demnach
wollen es besser verstehen, als die Natur selbst, die doch gewiss sowohl
das Maß, als die Richtung ihrer Heilmethode kennt. Daher ist vielmehr
die Physiatrik in allen den Fällen zu empfehlen, die nicht zu
den Ausnahmen gehören. Nur die Heilungen, welche die Natur selbst
und aus eigenen Mitteln zu Stande bringt, sind gründlich. Die
Heilmittel der Ärzte sind meistens bloß gegen die Symptome gerichtet,
als welche sie für das Übel selbst halten; daher wir nach einer solchen
Heilung uns unbehaglich fühlen. Lässt man hingegen der Natur nur
Zeit; so vollbringt sie allmählich selbst die Heilung, nach welcher wir
alsdann uns besser befinden, als vor der Krankheit. Dass es Ausnahmen
gibt, also Fälle, wo nur der Arzt helfen kann, ist zuzugeben.
Aber bei Weitem die meisten Genesungen sind bloß das Werk der
Natur, für welches der Arzt die Bezahlung einstreicht. (
P. II. 185 fg.)