1) Normalbegriff des Klosters.
Ein Kloster ist ein Zusammentreten von Menschen, die Armut,
Keuschheit, Gehorsam (d. i. Entsagung dem Eigenwillen) gelobt haben
und sich durch das Zusammenleben teils die Existenz selbst, noch mehr
aber jenen Zustand schwerer Entsagung zu erleichtern suchen, indem der
Anblick ähnlich Gesinnter und auf gleiche Weise Entsagender ihren
Entschluss stärkt und sie tröstet, sodann die Geselligkeit des Zusammenlebens
in gewissen Schranken der menschlichen Natur angemessen und
eine unschuldige Erholung bei vielen schweren Entbehrungen ist. Dies
ist der Normalbegriff der Klöster. (
P. II, 340.)
2) Innerer Geist und Sinn des echten Klosterlebens.
Der innere Geist und Sinn des echten Klosterlebens, wie der Askese
überhaupt, ist dieser, dass man sich eines besseren Daseins, als unseres
ist, würdig und fähig erkannt hat und diese Überzeugung dadurch bekräftigen
und erhalten will, dass man, was diese Welt bietet, verachtet,
alle ihre Genüsse als wertlos von sich wirft und nun das Ende
dieses, seines eitlen Köders beraubten Lebens mit Ruhe und Zuversicht
abwartet, um einst die Stunde des Todes, als die der Erlösung, willkommen
zu heißen. (
P. II, 340.)
3) Ausartung des Klosterlebens.
Der Ursprung des Mönchtums war an sich rein und heilig, aber
eben darum dem größten Teil der Menschen ganz unangemessen, daher
das sich daraus Entwickelnde nur Heuchelei und Abscheulichkeit sein
konnte; denn
abusus optimi pessimus. (
W. I, 457; II, 716.) Bei
keiner Sache entspricht die Praxis so selten der Theorie, wie beim
Mönchstum, eben weil der Grundgedanke desselben so erhaben ist.
Ein echter Mönch ist ein höchst ehrwürdiges Wesen; aber in den
allermeisten Fällen ist die Kutte ein bloßer Maskenanzug, in welchem
so wenig wie in dem auf der Maskerade ein wirklicher Mönch steckt.
(
P. II, 341.)