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Schopenhauers Kosmos

 

 Kloster. Klosterleben.

1) Normalbegriff des Klosters.

Ein Kloster ist ein Zusammentreten von Menschen, die Armut, Keuschheit, Gehorsam (d. i. Entsagung dem Eigenwillen) gelobt haben und sich durch das Zusammenleben teils die Existenz selbst, noch mehr aber jenen Zustand schwerer Entsagung zu erleichtern suchen, indem der Anblick ähnlich Gesinnter und auf gleiche Weise Entsagender ihren Entschluss stärkt und sie tröstet, sodann die Geselligkeit des Zusammenlebens in gewissen Schranken der menschlichen Natur angemessen und eine unschuldige Erholung bei vielen schweren Entbehrungen ist. Dies ist der Normalbegriff der Klöster. (P. II, 340.)

2) Innerer Geist und Sinn des echten Klosterlebens.

Der innere Geist und Sinn des echten Klosterlebens, wie der Askese überhaupt, ist dieser, dass man sich eines besseren Daseins, als unseres ist, würdig und fähig erkannt hat und diese Überzeugung dadurch bekräftigen und erhalten will, dass man, was diese Welt bietet, verachtet, alle ihre Genüsse als wertlos von sich wirft und nun das Ende dieses, seines eitlen Köders beraubten Lebens mit Ruhe und Zuversicht abwartet, um einst die Stunde des Todes, als die der Erlösung, willkommen zu heißen. (P. II, 340.)

3) Ausartung des Klosterlebens.

Der Ursprung des Mönchtums war an sich rein und heilig, aber eben darum dem größten Teil der Menschen ganz unangemessen, daher das sich daraus Entwickelnde nur Heuchelei und Abscheulichkeit sein konnte; denn abusus optimi pessimus. (W. I, 457; II, 716.) Bei keiner Sache entspricht die Praxis so selten der Theorie, wie beim Mönchstum, eben weil der Grundgedanke desselben so erhaben ist. Ein echter Mönch ist ein höchst ehrwürdiges Wesen; aber in den allermeisten Fällen ist die Kutte ein bloßer Maskenanzug, in welchem so wenig wie in dem auf der Maskerade ein wirklicher Mönch steckt. (P. II, 341.)