1) Gegensatz zwischen dem Interessanten und Schönen.
Das Wort
interessant
bedeutet überhaupt Das, was dem
individuellen Willen Anteil abgewinnt,
quod nostra interest. Dadurch
scheidet sich das Interessante vom Schönen. Letzteres ist Sache
der Erkenntnis und zwar der allerreinsten. Ersteres wirkt auf den
Willen. Sodann besteht das Schöne im Auffassen der Ideen,
welche Erkenntnis den Satz vom Grunde verlassen hat; hingegen das
Interessante entsteht immer aus Verflechtungen, welche nur durch den
Satz vom Grunde in seinen verschiedenen Gestalten möglich sind.
(
H. 44. 50.
W. I, 208.)
2) Vereinbarkeit des Interessanten mit dem Schönen.
Obgleich das Interessante, als dem Schönen entgegengesetzt, nicht
Zweck der Kunst ist, so findet es sich doch an den Werken der Dichtkunst,
namentlich der epischen und dramatischen, und es muss also
doch mit dem Hauptzweck der Kunst vereinbar sein. Es ist nun allerdings
mit dem Schönen vereinbar, aber nur in einem eingeschränkten
Maß. Bei dramatischen und epischen Werken ist nämlich eine Beimischung
des Interessanten notwendig, wie flüchtige, bloß gasartige
Substanzen einer materiellen Basis bedürfen, um aufbewahrt und
mitgeteilt zu werden. Das Interessante soll als Bindemittel der
Aufmerksamkeit das Gemüt lenksam machen, dem Dichter zu allen
Teilen seiner Darstellung zu folgen. Wenn das Interessante eben
hinreicht, dieses zu leisten, so ist ihm vollkommen Genüge geschehen;
denn es soll zur Verbindung der Bilder, durch welche der Dichter
uns die Idee zur Erkenntnis bringen will, nur so dienen, wie eine
Schnur, auf welche Perlen gereiht sind, sie zusammenhält und zum
Ganzen einer Perlenschnur macht. Überschreitet hingegen das Interessante
dieses Maß, so wird es dem Schönen nachteilig. Das Interessante
ist der Leib des Gedichts, das Schöne die Seele. Das Interessante
ist die Materie, deren das Schöne als die Form bedarf, um nicht
bar zu werden. (
H. 50 fg.)