1) Unentbehrlichkeit der Grundsätze zu einem moralischen
Lebenswandel.
Obwohl Grundsätze und abstrakte Erkenntnis keineswegs die Urquelle
oder erste Grundlage der Moralität sind; so sind sie doch zu einem
moralischen Lebenswandel unentbehrlich, als das Behältnis, das Reservoir,
in welchem die aus der Quelle aller Moralität (dem Mitleiden),
als welche nicht in jedem Augenblicke fließt, entsprungene Gesinnung
aufbewahrt wird, um, wenn der Fall der Anwendung kommt, durch
Ableitungskanäle dahin zu fließen. Ohne fest gefasste Grundsätze
würden wir den antimoralischen Triebfedern, wenn sie durch äußere
Eindrücke zu Affekten erregt sind, unwiderstehlich Preis gegeben sein.
Das Festhalten und Befolgen der Grundsätze, den ihnen entgegen wirkenden
Motiven zum Trotz, ist Selbstbeherrschung. (
E. 214 fg.)
2) Unfähigkeit des Tieres zu Grundsätzen und
Schwäche der Weiber im Verstehen und Befolgen
derselben.
Da Grundsätze durch die abstrakte oder Vernunfterkenntnis bedingt
sind, diese aber dem Tiere gänzlich fehlt, so ist das Tier keiner
Grundsätze und mithin keiner Selbstbeherrschung fähig, sondern dem
Eindruck und Affekt wehrlos hingegeben. (
E. 215.) Bei den Weibern
überwiegt die intuitive Erkenntnis die abstrakte. Das Anschauliche,
Gegenwärtige, unmittelbar Reale ist ihnen fasslicher, als das nur mittelst
der Begriffe erkennbare Entfernte, Abwesende, Vergangene, Zukünftige.
Wegen dieser Schwäche ihrer Vernunft sind sie weit weniger, als die
Männer fähig, allgemeine Grundsätze zu verstehen, festzuhalten und
zur Richtschnur zu nehmen. (
E. 215.)
3) Unbewusste Grundsätze.
Nach abstrakten Grundsätzen handeln ist schwer und gelingt erst
nach vieler Übung, und selbst da nicht jedes Mal; auch sind sie oft
nicht ausreichend. Hingegen hat Jeder gewisse angeborene, konkrete
Grundsätze, die ihm in Blut und Saft stecken, indem sie das
Resultat alles seines Denkens, Fühlens und Wollens sind. Er kennt
sie meistens nicht
in abstrakto, sondern wird erst beim Rückblick auf
sein Leben gewahr, dass er sie stets befolgt hat und von ihnen, wie
von einem unsichtbaren Faden ist gezogen worden. Je nachdem sie
sind, werden sie ihn zu seinem Glück oder Unglück leiten. (
P. I, 500.)