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Schopenhauers Kosmos

 

 Grazie.

1) Unterschied zwischen Grazie und Schönheit.

Schönheit ist die entsprechende Darstellung (adäquate Objektivation) des Willens überhaupt durch seine bloß räumliche Erscheinung; Grazie hingegen ist die entsprechende Darstellung des Willens durch seine zeitliche Erscheinung, d. h. der vollkommen richtige und angemessene Ausdruck jedes Willensaktes durch die ihn objektivierende Bewegung und Stellung. Da Bewegung und Stellung den Leib schon voraussetzen, so sagt Winckelmann richtig: Die Grazie ist das eigentümliche Verhältnis der handelnden Person zur Handlung. Die Grazie besteht darin, dass jede Bewegung und Stellung auf die leichteste, angemessenste und bequemste Art ausgeführt werde und sonach der rein entsprechende Ausdruck ihrer Absicht, oder des Willensaktes sei, ohne Überflüssiges, was als zweckwidriges, bedeutungsloses Handtieren oder verdrehte Stellung, ohne Ermangelndes, was als hölzerne Steifheit sich darstellt. (W. I, 263 fg.)

2) Gegensatz der Pflanze gegen Tier und Mensch in Beziehung auf Grazie.

Da die Pflanze eine bloß räumliche Erscheinung des Willens ist, da keine Bewegung und folglich keine Beziehung auf die Zeit (abgesehen von ihrer Entwicklung) zum Ausdruck ihres Wesens gehört, die Grazie hingegen in der Bewegung sich zeigt, so folgt, dass Pflanzen zwar Schönheit, aber keine Grazie beigelegt werden kann, es sei denn im figürlichen Sinn, Tieren und Menschen aber Beides, Schönheit und Grazie. (W. I, 264.)

3) Was die Grazie als ihre Bedingung voraussetzt.

Die Grazie setzt ein richtiges Ebenmaß aller Glieder, einen regelrechten, harmonischen Körperbau als ihre Bedingung voraus; da nur mittelst dieser die vollkommene Leichtigkeit und augenscheinliche Zweckmäßigkeit in allen Stellungen und Bewegungen möglich ist. Also ist die Grazie nie ohne einen gewissen Grad der Schönheit des Körpers. Beide vollkommen und im Verein sind die deutlichste Erscheinung des Willens auf der obersten Stufe seiner Objektivation. (W. I, 264 fg.)