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Schopenhauers Kosmos

 

 Ganglien.

Die Rolle, welche im Organismus die Ganglien spielen, haben wir als eine diminutive Gehirnrolle zu denken, wodurch die eine zur Erläuterung der anderen wird. Die Ganglien liegen überall, wo die organischen Funktionen des vegetativen Systems einer Aufsicht bedürfen. Es ist, als ob daselbst der Wille, um seine Zwecke durchzusetzen, nicht mit seinem direkten und einfachen Wirken ausreichen konnte, sondern einer Leitung und deshalb einer Kontrolle desselben bedurfte. Hierzu reichen, für das Innere des Organismus, bloße Nervenknoten aus. Die Ganglien sind kleine Sensoren im Innern, für spezielle und deshalb einfache Verrichtungen; während das Hauptsensorium das Gehirn, der große und künstliche Apparat für die komplizierten und vielseitigen, auf die unaufhörlich und unregelmäßig wechselnde Außenwelt bezügliche Verrichtungen ist. Wo im Organismus Nervenfäden in ein Ganglion zusammenlaufen, da ist gewissermaßen ein eigenes Tier vorhanden und abgeschlossen, welches, mittelst des Ganglions, eine Art von schwacher Erkenntnis hat, deren Sphäre jedoch beschränkt ist auf die Teile, aus denen diese Nerven unmittelbar kommen. (W. II, 290 fg.)
Die Fortschritte der Physiologie seit Haller haben außer Zweifel gesetzt, dass nicht bloß die vom Bewusstsein begleiteten äußeren Handlungen (functiones animales), sondern auch die völlig unbewusst vorgehenden Lebensprozesse (functiones vitales et naturales) durchgängig unter Leitung des Nervensystems stehen, und der Unterschied, in Hinsicht auf das Bewusstwerden, bloß darauf beruht, dass die ersteren durch Nerven gelenkt werden, die vom Gehirn ausgehen, die letzteren aber durch Nerven, die nicht direkt mit jenem, hauptsächlich nach Außen gerichteten Hauptzentrum des Nervensystems kommunizieren, dagegen aber mit untergeordneten kleinen Zentren, den Nervenknoten, Ganglien und ihren Verflechtungen, welche gleichsam als Statthalter den verschiedenen Provinzen des Nervensystems vorstehen und die inneren Vorgänge auf innere Reize leiten, wie das Gehirn die äußeren Handlungen auf äußere Motive; welche also Eindrücke des Inneren empfangen und darauf angemessen reagieren, wie das Gehirn Vorstellungen erhält und darauf beschließt; nur dass jegliches von jenen auf einen engeren Wirkungskreis beschränkt ist. Hierauf beruht die vita propria jedes Systems. Hieraus ist auch das fortdauernde Leben abgeschnittener Teile erklärlich, bei Insekten, Reptilien und anderen niedrig stehenden Tieren, deren Gehirn kein großes Übergewicht über die Ganglien einzelner Teile hat; imgleichen, dass manche Reptilien, nach weggenommenem Gehirn, noch Wochen, ja Monate lang leben. (N. 24.)