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Schopenhauers Kosmos

 

 Ernst.

1) Der Ernst als Gegenteil des Scherzes.

Das Gegenteil des Lachens und Scherzes ist der Ernst. Demgemäß besteht er im Bewusstsein der vollkommenen Übereinstimmung und Kongruenz des Begriffs, oder Gedankens, mit dem Anschaulichen, oder der Realität. Der Ernste ist überzeugt, dass er die Dinge denkt, wie sie sind, und dass sie sind, wie er sie denkt. Eben deshalb ist der Übergang vom tiefen Ernst zum Lachen so besonders leicht und durch Kleinigkeiten zu bewerkstelligen, weil jene vom Ernst angenommene Übereinstimmung, je vollkommener sie schien, desto leichter selbst durch eine geringe, unerwartet zu Tage kommende Inkongruenz aufgehoben wird. Daher je mehr ein Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen. (W. II, 108.)

2) Der Ernst als den Schwerpunkt des Lebens bestimmend.

Alles kommt zuletzt darauf an, wo der eigentliche Ernst des Menschen liegt. Bei fast Allen liegt er ausschließlich im eigenen Wohl und dem der Ihrigen; daher sie dies und nichts Anderes zu fördern im Stande sind, weil eben kein Vorsatz, keine willkürliche und absichtliche Anstrengung den wahren, tiefen, eigentlichen Ernst verleiht. Denn er bleibt stets da, wo die Natur ihn hingelegt hat; ohne ihn aber kann Alles nur halb betrieben werden. Wie ein bleiernes Anhängsel einen Körper immer wieder in die Lage zurückbringt, die sein durch dasselbe determinierter Schwerpunkt erfordert; so zieht der wahre Ernst des Menschen die Kraft und Aufmerksamkeit seines Intellekts immer dahin zurück, wo er liegt; alles Andere treibt der Mensch ohne wahren Ernst. (W. II, 438.)