1) Gegensatz zwischen der Epagoge und Apagoge.
Die Epagoge (
επαγογη,
inductio bei
Aristoteles) ist das Gegenteil
der Apagoge (
απαγογη). Diese weist einen Satz als falsch
nach, indem sie zeigt, dass, was aus ihm folgen würde, nicht wahr ist;
also durch die
instantia in contrarium. Die Epagoge hingegen
weist die Wahrheit eines Satzes dadurch nach, dass sie zeigt, dass, was
aus ihm folgen würde, wahr ist. Sie treibt demnach durch Beispiele
zu einer Annahme hin; die Apagoge treibt ebenso von ihr ab.
(
W. II, 117.)
2) Warum die Epagoge unsicherer ist als die Apagoge.
Da die Epagoge oder Induktion, ein Schluss von den Folgen
auf den Grund ist, und zwar
modo ponente (denn sie stellt aus vielen
Fällen die Regel auf, aus der diese dann wieder die Folge sind); so
ist sie nie vollkommen sicher, sondern bringt es höchstens zu sehr großer
Wahrscheinlichkeit. Indessen kann diese formelle Unsicherheit durch
die Menge der aufgezählten Folgen einer materiellen Sicherheit
Raum geben. Die Apagoge hingegen ist zunächst der Schluss vom
Grunde auf die Folgen, verfährt jedoch nachher
modo tollente, indem
sie das Nichtdasein einer notwendigen Folge nachweist und dadurch die
Wahrheit des angenommenen Grundes aufhebt. Eben deshalb ist sie
stets vollkommen sicher und leistet durch ein einziges sicheres Beispiel
in contrarium mehr, als die Induktion durch unzählige Beispiele für
den aufgestellten Satz. So sehr viel leichter ist widerlegen, als
beweisen, umwerfen, als aufstellen. (
W. II, 117.)
3) Die Apagoge beim eristischen Disputieren.
Beim eristischen Disputieren, wo es gilt, eine aufgestellte These zu
widerlegen, können wir indirekt verfahren, indem wir die These bei
ihren Folgen angreifen, um aus der Unwahrheit dieser auf ihre eigene
Unwahrheit zu schließen. Hierzu können wir uns entweder der bloßen
Instanz, oder aber der Apagoge bedienen. Die Instanz (
ενστασις)
ist ein bloßes
exemplum in contrarium; sie widerlegt die These durch
Nachweisung von Dingen oder Verhältnissen, die unter ihrer Aussage
begriffen sind, bei denen sie aber offenbar nicht zutrifft, daher sie nicht
wahr sein kann. Die Apagoge bringen wir dadurch zu Wege, dass
wir die These vorläufig als wahr annehmen, nun aber irgend einen
andern, als wahr anerkannten und unbestrittenen Satz so mit ihr verbinden,
dass Beide die Prämissen eines Schlusses werden, dessen Konklusion
offenbar falsch ist. Jedenfalls muss, da die hinzugenommene andere
Prämisse von unbestrittener Wahrheit ist, die Falschheit der Konklusion
von der These herrühren; diese kann also nicht wahr sein. (
P. II, 30.)