1) Bedeutung des Wortes.
In fast allen Sprachen bedeutet Eitelkeit,
vanitas, ursprünglich
Leerheit und Nichtigkeit, womit das Gehaltlose ihres Strebens
treffend bezeichnet ist. (
W. I, 384.
P. I, 376.
H. 454.)
2) Wesen der Eitelkeit.
Der Eitle legt auf die Meinung Anderer von ihm den höchsten
Wert, und es ist ihm darum mehr zu tun, als um Das, was als
in seinem eigenen Bewusstsein vorgehend unmittelbaren Wert
hat. Er kehrt demnach die natürliche Ordnung um, indem ihm das
Bild seines Wesens im Kopfe Anderer der reale, sein eigenes Wesen
hingegen der bloß ideale Teil seines Daseins ist. Diese unmittelbare
Wertschätzung Dessen, was nur mittelbaren Wert hat, ist diejenige
Torheit, welche das Wort Eitelkeit bezeichnet. Sie gehört, wie der
Geiz, zum Vergessen des Zwecks über die Mittel. (
P. I, 376.)
3) Gegensatz zwischen Eitelkeit und Stolz.
Zwischen Eitelkeit und Stolz beruht der Gegensatz darauf, dass der
Stolz die bereits feststehende Überzeugung vom eigenen überwiegenden
Werte in irgend einer Hinsicht ist, Eitelkeit hingegen der Wunsch,
in Anderen eine solche Überzeugung zu erwecken, meistens begleitet von
der stillen Hoffnung, sie in Folge davon auch selbst zu der seinigen
machen zu können. Demnach ist Stolz die von innen ausgehende,
folglich direkte Hochschätzung seiner selbst, hingegen Eitelkeit das Streben,
solche von außen her, also indirekt zu erlangen. Dem entsprechend
macht die Eitelkeit gesprächig, der Stolz schweigsam. (
P. I, 379 fg.)
4) Stärke und Allgemeinheit der Eitelkeit.
Die Eitelkeit ist von allen Neigungen des Menschen die unzerstörbarste
und tätigste; sie ist es, die selbst im Leben der Heiligen am
letzten stirbt. (
W. I, 463.) Sie kann als eine Art allgemein verbreiteter,
oder vielmehr angeborener Manie angesehen werden. Sie
zeigt sich schon im Kind, sodann in jedem Lebensalter, jedoch am
stärksten im späten. Bei den Franzosen ist sie ganz endemisch und
daher am deutlichsten zu beobachten. Sie ist selbst im Verbrecher auf
dem Schafott noch wirksam. (
P. I, 377 fg.)