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Schopenhauers Kosmos

 

 Eigentum.

1) Worauf das echte Eigentumsrecht beruht.

Alles echte, d. h. moralische Eigentumsrecht gründet sich ursprünglich einzig und allein auf Bearbeitung der Dinge, nicht auf erste Besitzergreifung. Denn wie sollte doch die bloße Erklärung meines Willens, Andere vom Gebrauche einer Sache auszuschließen, sofort auch ein Recht dazu geben? Offenbar bedarf sie selbst erst eines Rechtsgrundes. Es kann ganz und gar keine rechtliche Besitzergreifung geben, sondern ganz allein eine rechtliche Aneignung, Besitzerwerbung der Sache, durch Verwendung ursprünglich eigener Kraft auf sie. Wo nämlich eine Sache durch irgend eine fremde Mühe, sei diese noch so klein, bearbeitet, verbessert, vor Unfällen geschützt, bewahrt ist; da entzieht der Angreifer solcher Sache offenbar dem Anderen den Erfolg seiner darauf verwendeten Kraft, lässt also den Leib Jenes, statt dem eigenen, seinem Willen dienen, bejaht seinen eigenen Willen über dessen Erscheinung hinaus, bis zur Verneinung des fremden, d. h. tut Unrecht. Hingegen bloßer Genuss einer Sache, ohne alle Bearbeitung oder Sicherstellung derselben gegen Zerstörung, gibt eben so wenig ein Recht darauf, wie die Erklärung seines Willens zum Alleinbesitz. (W. I, 396 fg.; II, 682 fg. E. 188. H. 146.)

2) Unabhängigkeit des Eigentumsrechtes von staatlicher Ordnung.

Die, welche mit Spinoza leugnen, dass es außer dem Staate ein Recht gebe, verwechseln die Mittel, das Recht geltend zu machen, mit dem Rechte. Des Schutzes ist das Recht freilich nur im Staate versichert, aber es selbst ist von diesem unabhängig vorhanden. Denn durch Gewalt kann es bloß unterdrückt, nie aufgehoben werden. (W. II, 680.) Demzufolge gibt es auch im Naturzustand vollkommenes Eigentumsrecht, d. h. solches, welches mit vollkommenem natürlichen, d. h. ethischen Rechte besessen wird, daher ohne Unrecht nicht verletzt, aber ohne Unrecht aufs Äußerste verteidigt werden kann. (H. 375.)

3) Wozu das Eigentumsrecht Befugnis gibt.

Das moralisch begründete Eigentumsrecht gibt seiner Natur nach dem Besitzer eine eben so uneingeschränkte Macht über die Sache, wie die ist, welche er über seinen eigenen Leib hat; woraus folgt, dass er sein Eigentum durch Tausch, oder Schenkung, Anderen übertragen kann, welche alsdann, mit dem selben moralischen Rechte, wie er, die Sache besitzen. (W. I, 397.)

4) Schwierigkeit der Erkennung des ethischen Rechts in dem auf positives Recht gegründeten Besitz.

Die rein ethischen Motive zur Ehrlichkeit können meistenteils nur nach einem weiten Umweg ihre Anwendung auf den bürgerlichen Besitz finden. Sie können nämlich sich zunächst und unmittelbar allein auf das natürliche Recht beziehen; auf das positive aber erst mittelbar, sofern nämlich jenes ihm zu Grunde liegt. Das natürliche Recht aber haftet an keinem anderen Eigentum, als an dem durch eigene Mühe erworbenen, durch dessen Angriff die darauf verwendeten Kräfte des Besitzers mit angegriffen, ihm also geraubt werden. Nun soll freilich jeder auf positives Recht gegründete Besitz, wenn auch durch noch so viele Mittelglieder, zuletzt und in erster Quelle auf dem natürlichen Eigentumsrechte beruhen. Aber wie weit liegt nicht, in den meisten Fällen, unser bürgerlicher Besitz, von jener Urquelle des natürlichen Eigentumsrechtes ab! Meistens hat er mit diesem einen sehr schwer oder gar nicht nachweisbaren Zusammenhang. Es bedarf schon bedeutender Bildung, um bei allem positiven Besitz das ethische Recht zu erkennen und es demnach aus rein moralischem Antriebe zu achten. (E. 188 fg.)

5) Warum bei Begründung des natürlichen Eigentumsrechtes der Ausdruck Formation zu vermeiden ist.

Es ist zwar richtig, dass es zur Begründung des natürlichen Eigentumsrechtes nicht der Annahme zweier Rechtsgründe neben einander, des auf Detention gegründeten, neben dem auf Formation gegründeten bedarf, sondern letzterer allein überall ausreicht. Aber der Name Formation ist nicht recht passend, da die Verwendung irgend einer Mühe auf eine Sache nicht immer eine Formation zu sein braucht. (W. I, 397 Anmerk.)