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Schopenhauers Kosmos

 

 Befriedigung.

1) Worin sie besteht.

Befriedigung, Wohlsein, Glück besteht in der Erreichung des Zieles des Willens und bildet folglich den Gegensatz zu dem durch die Hemmung des Willens bewirkten Leiden. (W. I, 365.)

2) Negative Natur aller Befriedigung.

Alle Befriedigung, oder was man gemeinhin Glück nennt, ist eigentlich und wesentlich immer nur negativ und durchaus nie positiv. Denn Wunsch, d. h. Mangel, ist die vorhergehende Bedingung jeder Befriedigung. Daher kann die Befriedigung oder Beglückung nie mehr sein, als die Befreiung von einem Schmerz, einer Not. Unmittelbar gegeben ist uns immer nur der Mangel, d. h. der Schmerz. Die Befriedigung aber und den Genuss können wir nur mittelbar erkennen, durch Erinnerung an das vorhergegangene Leiden und Entbehren. Daher kommt es, dass wir der Güter und Vorteile, die wir wirklich besitzen, gar nicht recht inne werden, noch sie schätzen, sondern meinen, es müsse ebenso sein. Erst, nachdem wir sie verloren haben, wird uns ihr Wert fühlbar; denn der Mangel, das Entbehren, das Leiden ist das Positive, sich unmittelbar Ankündigende (W. I, 376 fg. II, 657. E. 210.)

3) Unerreichbarkeit dauernder Befriedigung.

Keine Befriedigung ist dauernd, vielmehr ist jede stets nur der Anfang eines neuen Strebens. (W. I, 365.) Weil alles Glück nur negativer, nicht positiver Natur ist, kann es eben deshalb nicht dauernde Befriedigung und Beglückung sein, sondern immer nur von einem Schmerz oder Mangel erlösen, auf welchen entweder ein neuer Schmerz oder auch languor, leeres Sehnen und Langeweile folgen muss. Dies findet einen Beleg auch in jenem treuen Spiegel des Wesens der Welt und des Lebens, in der Kunst, besonders in der Poesie. Jede epische oder dramatische Dichtung nämlich kann immer nur ein Ringen, Streben und Kämpfen um Glück, nie aber das bleibende und vollendete Glück selbst darstellen. Sie führt ihren Helden durch tausend Schwierigkeiten und Gefahren zum Ziel; sobald es erreicht ist, lässt sie schnell den Vorhang fallen. Weil ein bleibendes Glück nicht möglich ist, kann es kein Gegenstand der Kunst sein. (W. I, 377 fg.)
Die Unerreichbarkeit dauernder Befriedigung und die Negativität alles Glücks findet seine Erklärung darin, dass der Wille, dessen Objektivation das Menschenleben wie jede Erscheinung ist, ein Streben ohne Ziel und ohne Ende ist. (W. I, 378.)