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Schopenhauers Kosmos

 

 Bart.

1) Wirkende und Endursache des Bartes.

Die wirkende Ursache des Bartes ist, dass überall, wo die Schleimhaut in die äußere Haut übergeht, Haare in der Nähe wachsen. Die Endursache ist vermutlich diese, dass das Pathognomische, also die jede innere Bewegung des Gemüts verratende schnelle Änderung der Gesichtszüge, hauptsächlich am Munde und dessen Umgebung sichtbar wird; um daher diese, als eine bei Unterhandlungen oder bei plötzlichen Vorfällen oft gefährliche dem Späherblick des Gegenparts zu entziehen, gab die Natur dem Manne den Bart. Hingegen konnte desselben das Weib entraten, da ihr die Verstellung und Selbstbemeisterung angeboren ist. (W. II, 383.)

2) Der Bart als Barometer der Kultur.

Das Tragen langer Bärte ist ein Symptom überhand nehmender Rohheit, ein Zeichen, dass man die Maskulinität, die man mit den Tieren gemein hat, der Humanität vorzieht. Das Abscheren der Bärte in allen hochgebildeten Zeitaltern ist aus dem entgegengesetzten Streben hervorgegangen. Die Bartlänge hat stets mit der Barbarei, an die schon ihr Name erinnert, gleichen Schritt gehalten. Der Menschen im Naturzustand ist der Bart allerdings ganz angemessen; eben so aber dem Menschen im zivilisierten Zustande die Rasur. Der Bart gibt durch Vergrößerung und Hervorhebung des tierischen Teiles des Gesichts ein brutales Ansehen. Zudem ist alles Behaartsein tierisch. Als Geschlechtsabzeichen mitten im Gesicht ist der Bart obszön. (P. I, 189 fg.; II, 482.)