1) Bedeutung der Erkenntnis a priori.
Erkenntnis
a priori bedeutet nichts Anderes, als
nicht auf dem
Wege der Erfahrung gewonnen, also nicht von Außen in uns gekommen
.
(
W. I, 518.)
2) Erklärung derselben.
Die von Kant streng bewiesene Tatsache, dass ein Teil unserer
Erkenntnisse uns
a priori bewusst ist, lässt gar keine andere Erklärung
zu, als dass diese die Formen unseres Intellekts ausmachen, die
allgemeine Art und Weise, wie alle seine Gegenstände sich ihm darstellen
müssen.
Erkenntnisse a priori
und
selbsteigene Formen des
Intellekts
sind im Grunde nur zwei Ausdrücke für die selbe Sache,
also gewissermaßen Synonyma. (
W. I, 518 fg.)
3) Das Apriorische bedarf des Stoffs von Außen, um
materielle Erkenntnis zu liefern.
Das Apriorische und von der Erfahrung Unabhängige unseres gesamten
Erkenntnisvermögens ist durchaus beschränkt auf den formellen
Teil der Erkenntnis, d. h. auf das Bewusstsein der selbsteigenen Funktionen
des Intellekts und der Weise ihrer allein möglichen Tätigkeit,
welche Funktionen jedoch samt und sonders des Stoffs von Außen
bedürfen, um materielle Erkenntnisse zu liefern. (
G. 115.) So
nimmt der die anschauliche Welt mittelst seiner apriorischen Form
(des Kausalitätsgesetzes) schaffende Verstand den Stoff, welcher dieser
seiner apriorischen Form Inhalt gibt, aus der Sinnesempfindung
und die Vernunft schöpft die Begriffe, auf die sich ihre apriorischen
Formen (die logischen Gesetze) beziehen, aus der anschaulichen Welt.
(
G. 115.) Eine, materielle Kenntnisse aus eigenen Mitteln (angeborenen
Ideen) liefernde Vernunft gibt es nicht (s.
Angeboren).
4) Unmittelbarkeit, Notwendigkeit und Allgemeinheit
des apriorischen Erkennens
Das
a priori Gewisse erkennen wir unmittelbar; es ist, als die
Form aller Erkenntnis, uns mit der größten Notwendigkeit bewusst.
Z. B. dass die Materie beharrt, d. h. weder entstehen noch vergehen
kann, wissen wir unmittelbar als negative Wahrheit. Zu einem
Entstehen oder Verschwinden von Materie gebricht es uns an Formen
der Vorstellbarkeit. Daher ist jene Wahrheit zu allen Zeiten, überall
und Jedem evident gewesen, noch jemals im Ernst bezweifelt worden;
was nicht sein könnte, wenn ihr Erkenntnisgrund in einem schwierigen
Beweis bestünde. (
W. I, 80.)
5) Bedeutung eines Verzeichnisses sämtlicher in unserer
anschauenden Erkenntnis a priori wurzelnden
Grundwahrheiten.
Ein Verzeichnis dieser Art, wie es in der Tafel der
Praedicabilia
a priori (
W. II, Tafel zu S. 55) gegeben ist, kann angesehen werden
entweder als eine Zusammenstellung der ewigen Grundgesetze der Welt,
mithin als die Basis der Ontologie; oder aber als ein Kapitel aus
der Physiologie des Gehirns, je nachdem man den realistischen
oder den idealistischen Gesichtspunkt fasst, wiewohl der zweite in
letzter Instanz Recht behält. (
W. II, 54.)