1) Die All-eins-Lehre ist von jeher dagewesen.
Dass in allen Erscheinungen das innere Wesen, das sich Manifestierende,
das Erscheinende, Eines und das Selbe sei, — die große
Lehre vom
εν και παν, — ist im Orient wie im Okzident früh
aufgetreten und hat sich, allem Widerspruch zum Trotz, behauptet oder
doch stets erneuert. (
W. II, 362.
E. 268 fg.)
2) Was das Eine sei, hat erst Schopenhauer gelehrt.
Das
εν και παν hatte, nachdem die Eleaten, Skotus Erigena, Jordano
Bruno und Spinoza es ausführlich gelehrt und Schelling diese
Lehre aufgefrischt hatte, Schopenhauers Zeit bereits begriffen und eingesehen.
Aber was dieses Eine sei und wie es dazu komme sich als
das Viele darzustellen, ist ein Problem, dessen Lösung zuerst bei
Schopenhauer zu finden ist. (
W. II, 736. 362.;
M. 369.)
3) Der Beweis der All-eins-Lehre lässt sich allein aus
Kant führen.
Das
εν και παν war zu allen Zeiten der Spott der Toren und
die endlose Meditation der Weisen. Jedoch lässt der strenge Beweis
desselben sich allein aus Kants Lehre von Raum und Zeit führen,
obwohl Kant selbst das nicht getan hat, sondern nach Weise kluger
Redner nur die Prämissen gab, den Zuhörern die Freude der Konklusion
überlassend. (
E. 269 fg.) Nach Kants transzendentaler
Ästhetik sind Raum und Zeit die Formen unseres Anschauungsvermögens,
gehören diesem, nicht den dadurch erkannten Dingen an, können
also nimmermehr eine Bestimmung der Dinge an sich selbst sein, sondern
kommen nur der Erscheinung derselben zu, wie solche in unserm,
an physiologische Bedingungen gebundenen Bewusstsein der Außenwelt
allein möglich ist. Ist aber dem Dinge an sich, d. h. dem wahren
Wesen der Welt, Zeit und Raum fremd, so ist es notwendig auch
die Vielheit; folglich kann dasselbe in den zahllosen Erscheinungen
dieser Sinnenwelt doch nur Eines sein, und nur das Eine und identische
Wesen sich in diesen allen manifestieren. Und umgekehrt, was sich
als ein Vieles, mithin in Zeit und Raum darstellt, kann nicht Ding
an sich, sondern nur Erscheinung sein. (
E. 267 fg.)
4) Die All-eins-Lehre im Verhältnis zum Pantheismus.
Die All-eins-Lehre ist nicht notwendig Pantheismus, da das
identische Wesen aller Dinge nicht als Gott, und die Erscheinungswelt
nicht als eine Theophanie gefasst zu werden braucht. Mit
dem Pantheismus hat die All-eins-Lehre zwar das
εν και παν
gemein, aber im Übrigen kann sie doch sehr vom Pantheismus abweichen,
und die Schopenhauersche All-eins-Lehre weicht in erheblichen
Punkten von dem Pantheismus ab. (
W. II, 736—740. Vergl. auch
Pantheismus.)