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Schopenhauers Kosmos

 

 Übersetzungen.

1) Worauf das Mangelhafte aller Übersetzungen beruht.

Nicht für jedes Wort einer Sprache findet sich in jeder anderen das genaue Äquivalent, also sind nicht sämtliche Begriffe, welche durch die Worte einer Sprache bezeichnet werden, genau dieselben, welche die der anderen ausdrücken; sondern oft sind es bloß ähnliche und verwandte, jedoch durch irgend eine Modifikation verschiedene Begriffe. Bisweilen fehlt in einer Sprache das Wort für einen Begriff, während es sich in den meisten anderen findet. Bisweilen auch drückt eine fremde Sprache einen Begriff mit einer Nuance aus, welche unsere eigene ihm nicht gibt. Auf dieser Verschiedenheit der Sprachen beruht das notwendig Mangelhafte aller Übersetzungen. Fast nie kann man irgend eine charakteristische, prägnante, bedeutsame Periode aus einer Sprache in die andere so übertragen, dass sie genau und vollkommen dieselbe Wirkung täte. Sogar in bloßer Prosa wird die allerbeste Übersetzung sich zum Original höchstens so verhalten, wie zu einem gegebenen Musikstück dessen Transposition in eine andere Tonart. Daher bleibt jede Übersetzung tot und ihr Stil gezwungen, steif, unnatürlich; oder aber sie wird frei, d. b. begnügt sich mit einem à peu près, ist also falsch. Eine Bibliothek von Übersetzungen gleicht einer Gemäldegalerie von Kopien. (P. II, 601.)

2) Unübersetzbarkeit der Gedichte.

Poesie ist ihrer Natur nach unübersetzbar. (P. II, 425.) Gedichte kann man nicht übersetzen, sondern bloß umdichten, welches allezeit misslich ist. (P. II, 603.)

3) Wert der deutschen Übersetzungen der Schriftsteller des Altertums.

Für griechische und lateinische Autoren sind deutsche Übersetzungen gerade so ein Surrogat, wie Zichorien für Kaffee, und zudem darf man auf ihre Richtigkeit sich durchaus nicht verlassen. (P. II, 522. 602.)

4) Gegen die ihren Autor berichtigenden und bearbeitenden Übersetzungen.

Zu den Männern in der Literatur, denen es mit nichts Ernst ist, als mit ihrer werten Person, die sie allein geltend machen wollen, gehören auch die Übersetzer, welche ihren Autor zugleich berichtigen und bearbeiten, welches impertinent ist. Schreibe du selbst Bücher, welche des Übersetzens wert sind und lass Anderer Werke wie sie sind. (W. II, 539.)