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Schopenhauers Kosmos

 

 Zeitalter.

1) Jedes Zeitalter hat eine charakteristische Physiognomie.

Wie jeder Mensch eine Physiognomie hat, nach der man ihn beurteilen kann; so hat auch jedes Zeitalter eine, die nicht minder charakteristisch ist. Denn der jedesmalige Zeitgeist gleicht einem scharfen Ostwinde, der durch Alles hindurchbläst. Daher findet man seine Spur in allem Thun, Denken, Schreiben, in Musik und Malerei, im Florieren dieser oder jener Kunst. Allem und jedem drückt er seinen Stempel auf; daher z. B. das Zeitalter der Phrasen ohne Sinn auch das der Musiken ohne Melodie und der Formen ohne Zweck und Absicht sein musste. (P. II, 482.)

2) Charakter des Altertums, Mittelalters und der Neuzeit.

(S. d. Alten, Mittelalter und Jetztzeit.)

3) Verschiedenes Verhältnis der Werke der Manieristen und der Werke der Genies zu ihrem Zeitalter.

Die manierierten Werke finden zwar bei ihrem Zeitalter lauten Beifall, sind aber nach wenigen Jahren schon veraltet. (Vergl. Manier, Manieristen.) Nur die echten Werke, die Werke der Genies, bleiben wie die Natur, aus der sie geschöpft sind, ewig jung und stets urkräftig. Denn sie gehören keinem Zeitalter, sondern der Menschheit an; und wie sie eben deshalb von ihrem eigenen Zeitalter, welchen sich anzuschmiegen sie verschmähten, lau aufgenommen und, weil sie die jedesmalige Verirrung desselben mittelbar und negativ aufdeckten, spät und ungern anerkannt wurden; so können sie dafür auch nicht veralten. (W. I, 278 fg.)