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Schopenhauers Kosmos

 

 Säugling.

1) Geistiger Stupor der Säuglinge in den ersten Wochen nach der Geburt.

Obgleich der rein formale Teil der empirischen Anschauung, also das Gesetz der Kausalität, nebst Raum und Zeit, a priori im Intellekt liegt; so ist ihm doch nicht die Anwendung desselben auf empirische Data zugleich mitgegeben, sondern diese erlangt er erst durch Übung und Erfahrung. Daher kommt es, dass neugeborene Kinder zwar den Licht- und Farbeneindruck empfangen, allein noch nicht die Objekte apprehendieren und eigentlich sehen, sondern sie sind, die ersten Wochen hindurch, in einem Stupor befangen, der sich alsdann verliert, wann ihr Verstand anfängt, seine Funktion an den Daten der Sinne, zumal des Getasts und Gesichts, zu üben, wodurch die objektive Welt allmählich in ihr Bewusstsein tritt. Dieser Eintritt ist am Intelligentwerden ihres Blicks und einiger Absichtlichkeit in ihren Bewegungen deutlich zu erkennen, besonders wenn sie zum ersten Mal durch freundliches Anlächeln an den Tag legen, dass sie ihre Pfleger erkennen. (G. 72. F. 10. — Vergl. Anschauung: Intellektualität der Anschauung.)

2) Energie des Willens in den Säuglingen.

Während der Intellekt im Kind sich langsam entwickelt, ist dagegen der Wille, gemäß seinem Primat, von Hause aus sehr tätig. Säuglinge, die kaum die erste schwache Spur von Intelligenz zeigen, sind schon voller Eigenwillen; durch unbändiges, zweckloses Toben und Schreien zeigen sie den Willensdrang, von dem sie strotzen, während ihr Wollen noch kein Objekt hat, d. h. sie wollen, ohne zu wissen, was sie wollen. (W. II, 236 fg.)