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Schopenhauers Kosmos

 

 Seligkeit.

1) Unmöglichkeit der Seligkeit, so lange der Wille zum Leben bejaht wird.

Es liegt ein vollkommener Widerspruch darin, leben zu wollen, ohne zu leiden, welchen daher auch das oft gebrauchte Wort seliges Leben in sich trägt. (W. I, 108.)
So lange unser Wille derselbe ist, kann unsere Welt keine andere sein. Zwar wünschen Alle erlöst zu werden aus dem Zustande des Leidens und des Todes; sie möchten, wie man sagt, zur ewigen Seligkeit gelangen, ins Himmelreich kommen; aber nur nicht auf eigenen Füßen; sondern hingetragen möchten sie werden durch den Lauf der Natur. Allein das ist unmöglich. Daher wird sie zwar uns nie fallen und zu nichts werden lassen; aber sie kann uns nirgends hin bringen, als immer wieder in die Natur. Wie misslich es jedoch sei, als ein Teil der Natur zu existieren, erfährt Jeder an seinem eigenen Leben und Sterben. (W. II, 692 fg. Vergl. auch unter Leben: Charakter, Wert und Zweck des Lebens im Ganzen.)

2) Seligkeit der den Willen zum Leben verneinenden Heiligen.

Wir wissen, dass die Augenblicke der ästhetischen Kontemplation, in denen wir allem Wollen, d. h. allem Wünschen und Sorgen, enthoben, gleichsam uns selbst los werden, nicht mehr das zum Behufe seines beständigen Wollens erkennende Individuum, sondern das willensreine ewige Subjekt des Erkennens sind (vergl. Ästhetisch), — dass diese Augenblicke, wo wir, vom grimmen Willensdrange erlöst, gleichsam aus dem schweren Erdenäther auftauchen, die seligsten sind, welche wir kennen. Hieraus können wir abnehmen, wie selig das Leben eines Menschen sein muss, dessen Wille nicht auf Augenblicke, wie dem Genuss des Schönen, sondern auf immer, wie bei der Resignation der Heiligen, beschwichtigt ist. Doch finden wir selbst im Leben heiliger Menschen jene Ruhe und Seligkeit, die uns von ihnen geschildert wird, nur als die Blüte, welche hervorgeht aus der steten Überwindung des Willens, und sehen als den Boden, welchem sie entsprießt, den beständigen Kampf mit dem Willen zum Leben; denn dauernde Ruhe kann auf Erden Keiner haben. (W. I, 461—463.)