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Schopenhauers Kosmos

 

 Mechanik.

1) Was die Mechanik zeigt.

Die Mechanik zeigt, wie der in allen Dingen zur Sichtbarkeit gelangende Wille sich benimmt, so weit als er, auf der niedrigsten Stufe seiner Erscheinung, bloß als Schwere, Starrheit und Trägheit auftritt. (W. II, 337.) Die Grundbestrebung des Willens, die Selbsterhaltung, deren Äußerungen sich stets auf ein Suchen oder Verfolgen, und ein Meiden oder Fliehen, je nach dem Anlass, zurückführen lassen, ist schon auf der niedrigsten Stufe der Natur, wo die Körper Gegenstände der Mechanik sind und bloß nach den Äußerungen der Undurchdringlichkeit, Kohäsion, Starrheit, Elastizität und Schwere in Betracht kommen, nachweisbar. Hier zeigt sich das Suchen als Gravitation, das Fliehen aber als Empfangen von Bewegung, und die Beweglichkeit der Körper durch Druck oder Stoß, welche die Basis der Mechanik ausmacht, ist im Grunde eine Äußerung des auch ihnen innewohnenden Strebens nach Selbsterhaltung. Dieselbe nämlich ist, da sie als Körper undurchdringlich sind, das einzige Mittel, ihre Kohäsion, also ihren jedesmaligen Bestand, zu retten. Der gestoßene oder gedrückte Körper würde von dem stoßenden oder drückenden zermalmt werden, wenn er nicht, um seine Kohäsion zu retten, der Gewalt desselben sich durch die Flucht entzöge, und wo diese ihm benommen ist, geschieht es wirklich. Ja, man kann die elastischen Körper als die mutigeren betrachten, welche den Feind zurückzutreiben suchen, oder wenigstens ihm die weitere Verfolgung benehmen. So sehen wir denn in dem einzigen Geheimnis, welches (neben der Schwere) die so klare Mechanik übrig lässt, nämlich in der Mitteilbarkeit der Bewegung, eine Äußerung der Grundbestrebung des Willens in allen seinen Erscheinungen, also des Triebes zur Selbsterhaltung, der als das Wesentliche sich auch noch auf der untersten Stufe erkennen lässt. (W. II, 338.)

2) Unzulässigkeit mechanischer Erklärungshypothesen über das nachweisbar Mechanische hinaus.

Die Anwendung mechanischer Erklärungshypothesen über das nachweisbar Mechanische, wohin z. B. noch die Akustik gehört, hinaus ist durchaus unberechtigt, und nimmermehr wird sich auch nur die einfachste chemische Verbindung, oder auch die Verschiedenheit der drei Aggregatzustände mechanisch erklären lassen, viel weniger die Eigenschaften des Lichts, der Wärme und der Elektrizität. Diese werden stets nur eine dynamische Erklärung zulassen, d. h. eine solche, welche die Erscheinung aus ursprünglichen Kräften erklärt, die von denen des Stoßes, Druckes, der Schwere u. s. w. gänzlich verschieden und daher höherer Art sind. (W. II, 342. P. II, 121.)
Es gibt im Grunde nur eine mechanische Wirkungsart, sie besteht im Eindringenwollen eines Körpers in den Raum, den ein anderer inne hat; darauf läuft Druck, wie Stoß zurück, als welche sich bloß durch das Allmähliche oder Plötzliche unterscheiden, wiewohl durch Letzteres die Kraft lebendig wird. Auf diesen also beruht Alles, was die Mechanik leistet. Der Zug ist bloß scheinbar; z. B. der Strick, mit welchem man einen Körper zieht, schiebt ihn, d. i. drückt ihn, von hinten. (P. II, 122.)

3) Wider den Hang, jede Naturerscheinung mechanisch zu erklären.

Wir haben einen natürlichen Hang, jede Naturerscheinung wo möglich mechanisch zu erklären; ohne Zweifel weil die Mechanik die wenigsten ursprünglichen und daher unerklärlichen Kräfte zu Hilfe nimmt, hingegen viel a priori Erkennbares und daher auf den Formen unseres eigenen Intellekts Beruhendes enthält, welches, eben als solches, den höchsten Grad von Verständlichkeit und Klarheit mit sich führt. (W. II, 342.) Das wirklich rein und durch und durch, bis auf das Letzte, Verständliche in der Mechanik geht aber nicht weiter, als das rein Mathematische in jeder Erklärung, ist also beschränkt auf Bestimmungen des Raumes und der Zeit, die samt ihrer ganzen Gesetzlichkeit uns a priori bewusst, daher im Grunde unserer Vorstellung angehörig, also subjektiv sind und nicht das von unserer Erkenntnis Unabhängige, das Ding an sich betreffen. Sobald wir aber, selbst in der Mechanik, weiter gehen, als das rein Mathematische, sobald wir zur Undurchdringlichkeit, zur Schwere, zur Starrheit, oder Fluidität, oder Gaseität, kommen, stehen wir schon bei Äußerungen, die uns eben so geheimnisvoll sind, wie das Denken und Wollen des Menschen, also beim direkt Unergründlichen; denn ein solches ist jede Naturkraft. (P. II, 111 fg.)
(Über den Hang des Materialismus, Alles mechanisch zu erklären, s. Materialismus.)