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Schopenhauers Kosmos

 

 Lärm.

1) Warum Lärm störend auf den Geist wirkt.

Das Gehör ist ein passiver Sinn. Daher wirken Töne störend und feindlich auf unseren Geist, und zwar um so mehr, je tätiger und entwickelter dieser ist; sie zerreißen alle Gedanken, zerrütten momentan die Denkkraft. Es ist dies daraus erklärlich, dass das Hören vermöge einer mechanischen Erschütterung des Gehörnervens vor sich geht, die sich sogleich bis tief ins Gehirn fortpflanzt, dessen ganze Masse die durch den Gehörnerven erregten Schwingungen dröhnend mit empfindet. Denkende Köpfe und überhaupt Leute von vielem Geist können daher keinen Lärm vertragen. Bewunderungswürdig dagegen ist die Unempfindlichkeit gewöhnlicher Köpfe gegen den Lärm. Die Quantität Lärm, die Jeder unbeschwert vertragen kann, steht wirklich in umgekehrtem Verhältnis zu seinen Geisteskräften und kann als das ungefähre Maß derselben betrachtet werden. (W. II, 33—35. P. II, 678 fg.)

2) Die Toleranz gegen Lärm als ein Zeichen geistiger Stumpfheit.

Unmöglich könnte, wenn diese Welt von eigentlich denkenden Wesen bevölkert wäre, der Lärm jeder Art so unbeschränkt erlaubt und freigegeben sein, wie sogar der entsetzlichste und dabei zwecklose es ist. (P. II, 535.)
Die allgemeine Toleranz gegen unnötigen Lärm, z. B. gegen das so höchst ungezogene und gemeine Türenwerfen, ist geradezu ein Zeichen der allgemeinen Stumpfheit und Gedankenleere der Köpfe. (P. II, 681.) Ganz zivilisiert werden wir erst sein, wann auch die Ohren nicht mehr vogelfrei sein werden und nicht Jedem das Recht zustehen wird, das Bewusstsein jedes denkenden Wesens auf tausend Schritte in die Runde zu durchschneiden mittelst Pfeifen, Heulen, Brüllen, Hämmern, Peitschenklatschen, Bellenlassen u. s. w. (W. II, 35.)