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Schopenhauers Kosmos

 

 Literatur.

1) Positive Schädlichkeit der schlechten Literatur.

Es ist in der Literatur nicht anders, als im Leben; wohin auch man sich wende, trifft man sogleich auf den inkorrigiblen Pöbel der Menschheit, welcher Alles erfüllt und Alles beschmutzt, wie die Fliegen im Sommer. Daher die Unzahl schlechter Bücher, dieses wuchernde Unkraut der Literatur, welches dem Weizen die Nahrung entzieht und ihn erstickt. Sie reißen nämlich Zeit, Geld und Aufmerksamkeit des Publikums, welche von Rechtswegen den guten Büchern gehören, an sich, während sie bloß in der Absicht, Geld einzutragen, oder Ämter zu verschaffen, geschrieben sind. Sie sind also nicht bloß unnütz, sondern positiv schädlich. (P. II, 589 fg.)

2) Gegensatz der wirklichen und scheinbaren Literatur.

Es gibt zu allen Zeiten zwei Literaturen, die ziemlich fremd neben einander hergehen: eine wirkliche und eine bloß scheinbare. Jene erwächst zur bleibenden Literatur. Betrieben von Leuten, die für die Wissenschaft, oder die Poesie, leben, geht sie ihren Gang ernst und still, aber äußerst langsam, produziert in Europa kaum ein Dutzend Werke im Jahrhundert, welche jedoch bleiben. Die andere, betrieben von Leuten, die von der Wissenschaft, oder Poesie, leben, geht im Galopp, unter großem Lärm und Geschrei der Beteiligten, und bringt jährlich viele Tausend Werke zu Markte. Aber nach wenig Jahren fragt man: wo sind sie? Man kann daher auch diese als die fließende, jene als die stehende Literatur bezeichnen. (P. II, 591.)
Wie in der Kunst, so ist auch in der Literatur fast jeder Zeit irgend eine falsche Grundansicht, oder Weise, oder Manier, im Schwange und wird bewundert. Die gemeinen Köpfe sind eifrig bemüht, solche sich anzueignen und zu üben. Der Einsichtige erkennt und verschmäht sie; er bleibt außer der Mode. Aber nach einigen Jahren kommt auch das Publikum dahinter und erkennt die Faxe für Das, was sie ist, verlacht sie jetzt, und die bewunderte Schminke aller jener manierierten Werke fällt ab, wie eine schlechte Gipsverzierung von der damit bekleideten Mauer, und wie diese stehen sie alsdann da. (P. II, 544.)

3) Gegen die Toleranz und Höflichkeit in der Literatur.

Es ist durchaus falsch, die Toleranz, welche man gegen stumpfe, hirnlose Menschen in der Gesellschaft notwendig haben muss, auch auf die Literatur übertragen zu wollen. Denn hier sind sie unverschämte Eindringlinge, und hier das Schlechte herabzusetzen ist Pflicht gegen das Gute. Überhaupt ist in der Literatur die Höflichkeit, als welche aus der Gesellschaft stammt, ein fremdartiges, sehr oft schädliches Element; weil sie verlangt, dass man das Schlechte gut heißt und dadurch den Zwecken der Wissenschaften, wie der Kunst, gerade entgegenarbeitet. (P. II, 545 fg.)

4) Gegen die Anonymität in der Literatur.

(S. Anonymität.)