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Schopenhauers Kosmos

 

 Körper. Körperwelt.

1) Die ideale Form und der reale Gehalt der Körperwelt.

Die Körper legen durch die mannigfaltige Verschiedenheit ihrer Qualitäten und deren Wirkungen an den Tag, dass sie nicht bloß ideal sind, sondern zugleich ein objektiv Reales, ein Ding an sich selbst, in ihnen sich offenbart, so verschieden solches auch von dieser seiner Erscheinung sein möge. (P. II, 42.) Kein Körper kann ohne ihm innewohnende Kräfte sein, die eben seine Qualität ausmachen. (W. II, 351). Kraft aber an sich selbst ist Wille (Daselbst).
Bei der objektiven Auffassung der Körperwelt gibt der Intellekt die sämtlichen Formen derselben aus eigenen Mitteln, nämlich Zeit, Raum und Kausalität, und mit dieser auch den Begriff der abstrakt gedachten, eigenschafts- und formlosen Materie, die als solche in der Erfahrung gar nicht vorkommen kann. Sobald nun aber der Intellekt, mittelst dieser Formen, und in ihnen, einen (stets nur von der Sinnesempfindung ausgehenden) realen Gehalt, d. h. etwas von seinen eigenen Erkenntnisformen Unabhängiges spürt, welches nicht im Wirken überhaupt, sondern in einer bestimmten Wirkungsart sich kundgibt; so ist es Dies, was er als Körper, d. h. als geformte und spezifisch bestimmte Materie setzt, welche also als ein von seinen Formen Unabhängiges auftritt, d. h. als ein durchaus Objektives. Hierbei hat man sich aber zu erinnern. dass die empirisch gegebene Materie sich überall nur durch die in ihr sich äußernden Kräfte manifestiert, wie auch umgekehrt jede Kraft immer nur als einer Materie inhärierend erkannt wird; Beide zusammen machen den empirisch realen Körper aus. Alles empirisch Reale behält jedoch transzendentale Idealität. Das in einem solchen empirisch gegebenen Körper, also in jeder Erscheinung, sich darstellende Ding an sich selbst ist Wille. (P. II, 113 fg.)
Kants wichtigste und glänzendste Grundlehre, die von der Idealität des Raumes und der bloß phänomenalen Existenz der Körperwelt findet sich schon dreißig Jahre früher ausgesprochen bei Maupertuis. (W. II, 57.)

2) Die Bewegung der Körper.

Der Platonische Gegensatz zwischen dem sich von innen Bewegenden (Seele) und Dem, was die Bewegung nur von außen empfängt (Körper) — ein Gegensatz, der bis in die neueste Zeit herein vorkommt — ist falsch, da es nicht zwei grundverschiedene Ursprünge der Bewegung gibt, sondern Beides, die Bewegung von innen und von außen, unzertrennlich ist und bei jeder Bewegung eines Körpers zugleich Statt findet. (N. 84 fg. Vergl. Bewegung.)

3) Die Anschauung der Körper.

Der Verstand ist es, der die Empfindung beim Sehen in Anschauung umarbeitet und aus den durch die Empfindung gewonnenen bloßen Flächen Körper konstruiert, also die dritte Dimension hinzufügt, indem er die Ausdehnung der Körper in derselben, in dem ihm a priori bewussten Raume, nach Maßgabe der Art ihrer Einwirkung auf das Auge und der Gradationen des Lichtes und Schattens, kausal beurteilt. Während nämlich die Objekte den Raum in allen dreien Dimensionen füllen, können sie auf das Auge nur mit zweien wirken; die Empfindung beim Sehen ist, in Folge der Natur des Organs, bloß planimetrisch, nicht stereometrisch. Alles Stereometrische der Anschauung wird vom Verstande allererst hinzugetan, seine alleinigen Data hierzu sind die Richtung, in der das Auge den Eindruck erhält, die Grenzen desselben und die verschiedenen Abstufungen des Hellen und Dunkeln, welche unmittelbar auf ihre Ursachen deuten und wonach wir erkennen, ob wir z. B. eine Scheibe, oder eine Kugel, vor uns haben. (G. 64.) Könnte Jemand, der vor einer schönen weiten Aussicht steht, auf einen Augenblick alles Verstandes beraubt werden, so würde ihm von der ganzen Aussicht nichts übrig bleiben, als die Empfindung einer sehr mannigfaltigen Affektion seiner Retina, den vielerlei Farbenflecken auf einer Malerpalette ähnlich, — welche gleichsam der rohe Stoff ist, aus welchem vorhin sein Verstand jene Anschauung schuf. (F. 9.)
(Über die als Körpererscheinung sich darstellende Geistererscheinung s. Geister)