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Schopenhauers Kosmos

 

 Kynismus.

1) Geist und Grundgedanke des Kynismus.

Die Ethik der Kyniker und Stoiker ist nur ein Eudämonismus besonderer Art. (E. 117.) Die Ethik der Kyniker setzte sich den Zweck des glücklichsten Lebens. Nur aber schlugen die Kyniker zu diesem Ziel einen ganz besonderen Weg ein, einen dem gewöhnlichen gerade entgegengesetzten: den der möglichst weit getriebenen Entbehrung. Der Grundgedanke des Kynismus ist, dass das Leben in seiner einfachsten und nacktesten Gestalt, mit den ihm von der Natur beigegebenen Beschwerden, das erträglichste, mithin zu erwählen sei; weil jede Hilfe, Bequemlichkeit, Ergötzlichkeit und Genuss, wodurch man es angenehmer machen möchte, nur neue und größere Plagen herbeizöge, als die demselben ursprünglich eigenen. (W. II, 167—169.) Die Kyniker waren tief ergriffen von der Erkenntnis der Negativität des Genuss und der Positivität des Schmerzes; daher sie, konsequent, Alles taten für die Vermeidung der Übel, hierzu aber die völlige und absichtliche Verwerfung der Genüsse nötig erachteten. (P. I, 434.) Um des Glückes der Geistesruhe teilhaft zu werden, entsagten die Kyniker jedem Besitz. (P. I, 452.)

2) Verwandtschaft der Lebensansicht der Kyniker mit der des Rousseau.

Dem Geiste der Sache nach trifft die Lebensansicht der Kyniker mit der des J. J. Rousseau im Discours sur l'origine de l'inégalité zusammen; da auch er uns zum rohen Naturzustand zurückführen möchte und das Herabsetzen unserer Bedürfnisse auf ihr Minimum als den sichersten Weg zur Glückseligkeit betrachtet. (W. II, 170.)

3) Grundverschiedenheit des Kynismus von der Askese.

Die Grundverschiedenheit des Geistes des Kynismus von dem der Askese tritt augenfällig hervor an der Demut, als welche der Askese wesentlich, dem Kynismus aber so fremd ist, dass er im Gegenteil den Stolz und die Verachtung aller Übrigen im Schilde führt. Mit den Mönchen treffen die Kyniker nur im Resultat zusammen; aber der Grundgedanke Beider ist verschieden; bei Jenen ist er ein über das Leben hinausgestecktes Ziel, bei Diesen möglichste Glückseligkeit in diesem Leben. (W. II, 170.)
(Über das Verhältnis des Kynismus zu dem Stoizismus siehe: Stoizismus.)