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Schopenhauers Kosmos

 

 Gesetz.

1) Verschiedene Bedeutungen des Begriffs des Gesetzes.

Die eigentliche und ursprüngliche Bedeutung desselben beschränkt sich auf das bürgerliche Gesetz, lex, νομος, eine menschliche Einrichtung, auf menschlicher Willkür beruhend. Eine zweite, abgeleitete, tropische, metaphorische Bedeutung hat der Begriff Gesetz in seiner Anwendung auf die Natur, deren teils a priori erkannte, teils ihr empirisch abgemerkte, sich stets gleichbleibende Verfahrensweisen wir, metaphorisch, Naturgesetze nennen. Für den menschlichen Willen als solchen gibt es auch ein Gesetz, sofern der Mensch zur Natur gehört, und zwar ein ausnahmsloses, das Gesetz der Motivation, eine Form des Kausalitätsgesetzes. Es besagt, dass jede Handlung nur in Folge eines zureichenden Motivs eintreten kann. Es ist, wie das Kausalitätsgesetz überhaupt, ein Naturgesetz. Hingegen moralische Gesetze, unabhängig von menschlicher Satzung, Staatseinrichtung oder Religionslehre, dürfen ohne Beweis nicht als vorhanden angenommen werden. Kant begeht also durch die Vorausnahme des Moralgesetzes eine petitio principii. (E. 120—122.)

2) Ursprung des politischen Gesetzes.

Die den menschlichen Individuen gemeinsame, das Ganze überdenkende Vernunft hat sie auf Mittel bedacht gemacht, das aus dem Egoismus durch Unrechttun für Alle entspringende Leiden zu verringern, oder wo möglich aufzuheben durch ein gemeinschaftliches Opfer, welches jedoch von dem gemeinschaftlich daraus hervorgehenden Vorteil überwogen wird. Die Vernunft sah ein, dass sowohl um das über Alle verbreitete Leiden zu mindern, als um es möglichst gleichförmig zu verteilen, das beste und einzige Mittel sei, Allen den Schmerz des Unrechtleidens zu ersparen dadurch, dass auch Alle dem durch das Unrechttun zu erlangenden Genuss entsagten. Dieses also von dem, durch den Gebrauch der Vernunft methodisch verfahrenden und seinen einseitigen Standpunkt verlassenden Egoismus leicht ersonnene und allmählich vervollkommnte Mittel ist der Staatsvertrag oder das Gesetz. (W. I, 404 fg.)

3) Zweck der Strafgesetze und Voraussetzung derselben.

Die Strafgesetze gehen aus von der richtigen Voraussetzung, dass der Wille nicht frei (unbestimmbar durch Motive) sei, in welchem Fall man ihn nicht lenken könnte; sondern dass er der Nötigung durch Motive unterworfen sei. Demgemäß wollen sie allen etwaigen Motiven zu Verbrechen stärkere Gegenmotive in den angedrohten Strafen entgegenstellen, und ein Kriminalcodex ist nichts Anderes, als ein Verzeichnis von Gegenmotiven zu verbrecherischen Handlungen. (E. 99. W. I, 407.)